Traumatische Erlebnisse oder extremer Stress in der Kindheit können die Genaktivität dauerhaft verändern und einen Menschen damit deutlich anfälliger für Depressionen und Angsterkrankungen machen. Das haben Forschungen am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München bestätigt.
Den Untersuchungen zufolge können durch schweren psychischen Stress sogenannte Methylgruppen - einfache chemische Markierungen - an die Erbsubstanz angelagert werden. Diese Änderungen können dann zum Beispiel dazu führen, dass mehr Stresshormone produziert werden. Ihre Ergebnisse stellen die Forscher in der Zeitschrift "Nature Neuroscience" (8. November) vor.
Grundlage für die Ergebnisse ist ein Versuch mit neugeborenen Mäusen, die für kurze Zeit von ihrer Mutter getrennt wurden. Später konnten sie sich nur schlecht an Stresssituationen anpassen - und zwar ein Leben lang. Ihr Gedächtnis, ihr Antrieb und ihre Emotionen waren gestört, weil in ihren Gehirnen das Eiweißmolekül Vasopressin überproduziert wurde. Die Wissenschafter gingen der Frage nach, was diese Überproduktion auslöste. Es stellte sich heraus, dass den Mäusen eine Methylgruppen-Anlagerung am Erbgutstrang fehlte, die bei gesunden Tieren die Überproduktion stoppt.
Um wirksame Therapien gegen psychische Krankheiten zu entwickeln, müsse in Zukunft im Rahmen der sogenannten Epigenetik noch intensiver erforscht werden, wie Umwelteinflüsse die Erbsubstanz eines Menschen verändern, forderte Instituts-Direktor Florian Holsboer. Klar sei, dass Informationen von außen die Art beeinflussen, wie das Erbgut benutzt wird: Die Methylgruppen würden wie Signalflaggen auf den DNA- Strängen angebracht und legten somit fest, wie häufig ein Gen abgelesen wird. "Das Verständnis dieser epigenetischen Kodierung wird zum zukünftigen Schlüssel neuer Behandlungsstrategien", sagte Holsboer laut Mitteilung.