Prozess Neustart wegen gefährlicher Körperverletzung gegen den 55-jährigen Chef des ältesten europäischen Adelshauses.
Begleitet von zwei Leibwächtern ist Ernst August Prinz von Hannover am Montag vor dem Landgericht Hildesheim erschienen. Zuvor hatten Dutzende Journalisten, Fotografen und Kameraleute auf die Ankunft des Adeligen gewartet. Vor Gericht begann die Wiederauflage eines Prozesses wegen gefährlicher Körperverletzung gegen den 55 Jahre alten Chef des ältesten europäischen Adelshauses.
Falscher Prinz gibt Interviews
Um die Meute der Reporter zu
täuschen, kommt zuerst ein Doppelgänger des Prinzen, gibt Interviews
und sorgt für ein wenig Aufregung. Der echte Adlige betritt das Gericht
durch den Gefangeneneingang 15 Minuten vor Sitzungsbeginn. Im dunkelblauen
Anzug mit gemustertem Seidentuch in der Brusttasche lässt der Chef des
Welfenhauses das enorme Blitzlichtgewitter der Fotografen höflich über sich
ergehen.
Körperverletzung
Der Ehemann von Prinzessin Caroline von
Monaco war im November 2004 vom Landgericht Hannover nach einem angeblichen
Angriff auf den Hotelier und Discobesitzer Josef Brunlehner ("Mombasa
Joe") in Kenia wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe
von 445.000 Euro verurteilt worden. Der 55-jährige Prinz setzte jedoch im
November 2008 vor dem Landgericht die Aufhebung des bereits rechtskräftigen
Urteils und ein Wiederaufnahmeverfahren durch.
Der Prozess wird auf Betreiben des Adligen hin erneut aufgerollt: Er hofft, dass ihn neue Zeugenaussagen entlasten. Vor allem geht es um die Frage, womit der Prinz zuschlug, mit der bloßen Hand oder mit einem Schlagring. Und es geht - nicht zuletzt - um die Ehre des Adligen. "Es waren unschöne Zeiten", erinnert sich Ernst August in einer 17-seitigen Erklärung, die er über seinen Anwalt verlesen lässt.
Erstmals persönlich anwesend
Zwar ist der Chef des ältesten
europäischen Adelsgeschlechtes, dessen Beruf vor Gericht mit "Land-
und Forstwirt" angegeben wird, zum ersten Mal bei einem Verfahren gegen
ihn persönlich anwesend. Außer einem "Ja" auf die Frage
nach seiner korrekten Anrede ("Ernst August Prinz von Hannover, Herzog
zu Braunschweig und Lüneburg und königlicher Prinz von Großbritannien und
Irland") gibt er aber kein einziges Wort zu Protokoll.
Richter Andreas Schlüter startet mit einer Auflistung der bisherigen Prozesse gegen Ernst August, um den Verfahrensstand zu erläutern. Und der ist kompliziert, wie er mehrfach erwähnt. Fast eine halbe Stunde lang referiert der Richter. Es geht um Journalisten-Beleidigungen und einen Fußtritt bei den Salzburger Festspielen. Erinnerungen an eine Zeit, in der der Prinz öfter mal mit der Presse aneinandergeriet. Ernst August hört aufmerksam zu.
Einkommen unglaubwürdig
Nur einmal, als es um sein Einkommen
geht, wirkt er richtig amüsiert. 170.000 D-Mark Einnahmen pro Jahr hatte
sein früherer Verteidiger in einem Verfahren im Jahr 2001 angegeben - damit
ließe sich der Lebensstil des Prinzen mit Luxusautos und Bodyguards wohl
kaum finanzieren, meint der Richter mit einem Augenzwinkern. Dann geht es um
den "Tagessatz", mit dem eine Geldstrafe bemessen wird - je höher das
Einkommen eines Verurteilten ist, desto höher ist auch sein Tagessatz.
Eine Summe unter 2.500 Euro sei hier doch "ruf- und kreditschädigend" für den Prinzen, sagt der Richter. "Mein Mandant hat in Deutschland gar kein Einkommen", betont dagegen Ernst Augusts Anwalt Hans Wolfgang Euler. Doch viel länger wird die Vermögenslage des Prinzen dann auch nicht diskutiert.
Simulierte Opfer die Verletzungen?
Auch das Opfer ist da,
Discobesitzer Josef Brunlehner. Auf den Tisch im Gerichtssaal hat er
Visitenkarten für seine Hotels in Kenia gelegt - Werbespruch "Don't dream
your life, but live your dreams". Brunlehner sieht sich inzwischen dem
Vorwurf ausgesetzt, seine Verletzungen teilweise nur simuliert zu haben.
"Groteske Erfindungen und Lügengeschichten" wirft der Prinz dem
Discobesitzer vor. Und auch das Gericht hat inzwischen offenbar Zweifel an
dem Wahrheitsgehalt der Aussagen des 61-Jährigen, sonst hätte es das
Verfahren nicht erneut aufgerollt.
Fortsetzung folgt
Ob der Prinz, bei der Tat mit einem Hüfttuch
bekleidet, tatsächlich nur zwei Ohrfeigen austeilte, müssen nun die Richter
klären. Zehn Verhandlungstage sind angesetzt, am Dienstag geht es weiter.
Der Prinz wird dann nicht mehr dabei sein. Er verließ das Gericht am Montag
so wie er gekommen ist - an den Haftzellen vorbei durch den
Gefangenenzugang. Dann verschwand er mit seinen Bodyguards in einem
schwarzen Opel Astra.