Gestern stand „Fidelio“-Premiere auf dem Programm der Festspiele.
Festspiele. „Gott! Welch Dunkel hier!“ Mit einem unbequemen hohen g im Pianissimo, das größer und größer wird, führt Superstar Jonas Kaufmann in den Kerker hinab. In totaler Finsternis wartet der Schmerzensmann auf sein Ende und träumt von seiner Frau. Die Arie In des Lebens Frühlingstagen klingt bei Kaufmann, der aus der Harnoncourt-Schule kommt, so schön wie ein Schubert-Lied.
Auch schauspielerisch ist er ein Ereignis: Sein Florestan ist ein von der Folter zerstörtes Psycho-Wrack, das vor seiner Frau Leonore, die, verkleidet als Fidelio, ihren Mann rettet, beim Befreiungsduett O namenlose Freude davonrennt und sich beim oratorischen Chorgesang Heil sei der Tag panisch die Ohren zuhält.
Weißer Raum. Claus Guth siedelt Beethovens Fidelio, eine Mischung aus Singspiel, Opernpathos und Oratorium, in einem riesigen weißen Raum mit einem 10 Meter hohen, schwarzen, drehbaren Kubus an, der kafkaesk alle Wege versperrt. Die Dialoge sind gestrichen, an ihrer Stelle steht ein bedrohliches Sounddesign aus Atmen, Kichern, Stöhnen und Kriegslärm. Licht und Schatten sind wesentlich, Leonore (Adrianne Pieczonka) und der Schurke Pizarro (Tomasz Konieczny) werden von ihren Schatten begleitet. Der Gefangenenchor singt die Ode O welche Lust in strahlendem Weiß.
Welser-Möst. Franz Welser-Möst dirigiert Beethoven mit Feuer und Leidenschaft. Leider unterbricht er die Oper im 2. Akt konventionell zwischen Befreiungsduett und Finale durch die 3. Leonoren-Ouvertüre.