Patricia Kopatchinskaja und Markus Hinterhäuser begeisterten das Publikum mit drei Werken, die in unterschiedlicher Klangsprache ein Jahrhundert voller Umbrüche abbildeten
Wie klingt Schmerz? Beim Konzert "Musica Dolorosa" im Zuge der Ouverture Spirituelle bei den Salzburger Festspielen stellte am Donnerstagabend die Geigerin Patricia Kopatchinskaja zusammen mit Festspielintendant Markus Hinterhäuser und der Camerata drei Komponisten und ihren musikalischen Umgang mit Gewalt, Verlust und Identität vor. Das Publikum im Großen Saal der Stiftung Mozarteum war gleichermaßen ergriffen und begeistert.
Das Konzert eröffnete die österreichische Erstaufführung von Tigran Mansurians Konzert Nr. 2 für Violine und Streichorchester. Auch wenn Mansurian sich selbst einmal als "Stimme Armeniens" bezeichnete, klang sein Konzert nicht folkloristisch, sondern wehmütig, gelegentlich verzerrt und dabei nie plakativ. Von den Streichern der Camerata Salzburg umringt stand Kopatchinskaja auf der Bühne und erzählte - wie immer barfuß - mal expressiv, mal tief fokussiert im tänzerischen Dialog mit den Streichern die Gefühle eines Komponisten, der den Aufführungen seiner Werke bis zum Zerfall der Sowjetunion aufgrund eines Ausreiseverbots nie beiwohnen konnte, da er in der Heimat als ideologisch unzuverlässig galt.
Schmerz mit Wut, nicht mit Wehmut bewältigt
Geigerin Patricia Kopatchinskaja
Danach folgte ein klanglicher Bruch mit Galina Ustwolskajas Duett für Violine und Klavier, für das Markus Hinterhäuser am Flügel Platz nahm und mit aggressiven Akkorden die Violinstimme trieb, denen sie mit sehnsuchtsvollen Linien entgegentrat. Hier wurde Schmerz mit Wut, nicht mit Wehmut bewältigt. Eine gute halbe Stunde manövrierten sich die beiden Solisten so durch eine fragmentarische Sammlung seelischer Ausbrüche und verließen danach sichtlich erleichtert unter großem Applaus die Bühne, auf die nun für das letzte Stück die Camerata zurückkehrte und Peteris Vasks "Musica dolorosa" für Streichorchester gab und damit einen melodischen Bogen zum Anfang schlug.
Vasks schrieb es 1983 als Requiem für seine verstorbene Schwester und zugleich als Klagegesang über das Leiden in der sowjetischen Diktatur. Die Camerata Salzburg spielte dies mit farbiger Wärme, ohne es zu sentimental zu machen. Unter großem Applaus endete ein Abend, der zeigte, wie unterschiedlich Schmerz klingt und wie eindringlich Musik davon erzählen kann, wo Worte verstummen.