Letztes "Philharmonisches" im Festspielhaus mit dem ersten Akt der "Walküre".
Man kann den Wiener Philharmonikern wahrlich nicht vorwerfen, heuer die Orchestergräben der Salzburger Festspielhäuser gemieden zu haben. Dennoch ließ es sich das Opernorchester schlechthin nicht nehmen, beim abschließenden fünften "Philharmonischen" gestern, Freitagabend, den ersten Akt der "Walküre" konzertant zu gestalten. Eine gute Idee, setzte die Interpretation unter der Leitung von Lorin Maazel doch einen starken Schluss-Strich unter den – zumindest passagenweise – hochklassigen Opernsommer. Die großartigen Solisten Eva-Maria Westbroek, Peter Seiffert und Matti Salminen trugen das Ihre zu einer Wagner-Weihestunde im Großen Festspielhaus bei.
Dass das zentrale Festspielorchester nach einem derart intensiven Sommer an Präzision einbüßen würde, war höchstens dem einleitenden "Siegfried-Idyll" in Ansätzen anzumerken. Doch der Wagner-Klang der "Wiener" ist derart intensiv und sinnlich, dass sich Bedenken über fehlende Konturen spätestens in den fein abgerundeten Bläser-Passagen des lyrischen Konzertstücks in Luft auflösten.
Mit Halbheiten war vom ersten Ton der "Walküre" an ohnehin Schluss. Die Wiener Philharmoniker zeigten sich hochgradig präsent, die pulsierenden Akzente der Kontrabässe im Vorspiel gingen in ein klangfarbliches Wunder des gesamten Orchesters über. Was soll man herausheben? Die himmlischen Cello-Soli vielleicht, die Kompaktheit des schweren Blechs, das explosive Zuspitzen des Gesamtklangs zum Ende hin. Vieles davon ist wohl Maestro Maazel zu verdanken, der zwischen düsteren und lichten Klangstimmungen organisch vermittelte und 70 Minuten lang das richtige Tempo fand.
Das kam auch drei Solisten zugute, die jedes Festival und jedes Opernhaus dieser Welt mit Handkuss nehmen würde. Peter Seiffert ist ein Wagner-Tenor, wie man ihn sich wünscht – schnörkellos, schlank und dennoch voller Durchsetzungskraft. Seine Diktion war derart klar, dass nicht ein Blick ins Textheft nötig war. Seifferts Siegmund-Erzählung lebte von großer Gestaltungskunst, und die extralangen "Wälse"-Rufe fuhren in Mark und Bein. Als ebenbürtig erwies sich Eva-Maria Westbroek, deren Sieglinde von der Klangfülle und dem Volumen ihrer Sopranstimme geprägt war. Dass sie ihr Timbre mühelos mit Klangfarben anzureichern und zu reduzieren imstande ist und ihre betörenden Spitzentöne auch bei vollem Orchesterklang brillant zu hören sind, verlieh der geschwisterlichen Vereinigung Vielschichtigkeit. Matti Salminen komplettierte als eindringlich brummender Hunding das Luxus-Trio.
Zuletzt war auch Lorin Maazel nur mehr die Verwunderung ins Gesicht geschrieben, welch Wagner-Ekstase sich hier ereignet hat. Abende wie diese sind das Salz der Festspiele, über die Bedeutung der Wiener Philharmoniker für Salzburg erübrigt sich nach einer solchen Vorstellung jegliche Diskussion. Wunderklang wich den Jubelstürmen.