Es war das Jahr der Comebacks, der großen Namen wie Robbie Williams oder Whitney Houston und der großen Betroffenheit in der Pop-Welt.
Es war auf alle Fälle das Jahr der "grauen Maus aus Schottland", Susan Boyle. Als "weiblicher Paul Potts" hatte die Hausfrau in der Castingshow "Britain's Got Talent" alle überrascht. Mit ihrer ebenso glasklaren wie berührenden Stimme wurde sie zum Star für Millionen, auch wenn sie nur den zweiten Platz belegte. "I Dreamed A Dream" heißt ihr Debüt, auf dem sie Pop/Rock- Klassiker wie "Wild Horses" von den Rolling Stones oder "You'll See" von Madonna so ganz anders interpretiert. In Großbritannien wird es das vermutlich erfolgreichste Album des Jahres.
Ganz anders und doch sehr ähnlich liegt der Fall bei den beiden großen Comebacks dieses Jahres: Whitney Houston und Robbie Williams waren schon Stars, und zwar richtig große, als sie im Herbst mit ihren Platten zurück ins Rampenlicht traten: Eine zerrüttete Ehe, Alkohol und Drogen bei der Amerikanerin; ausschweifende Partys, Medikamentensucht und Depressionen bei dem Briten. Sie kam nach siebenjähriger Pause zurück, er brauchte drei Jahre für seine Regeneration. Beide haben noch die Stärken von früher: Großartige Stimme mit viel Gefühl hier, jungenhaft-ironischer Charme und große Entertainer-Qualitäten dort - doch was fehlt in dieser Aufzählung? Richtig, die Musik. Die Alben schafften zwar auf Anhieb den Sprung auf die Eins, hielten sich aber nicht lange, die Songs blieben kaum im Gedächtnis. Anders bei den Klassikern: Viele schmelzen noch heute dahin, wenn sie Houstons "One Moment In Time" von 1988 hören oder Williams' Balladen "Feel" (2002) und "Angels" (1997).
Neue Musik und eine neue Qualität von Kreischanfällen brachte eine schrille 23-Jährige aus New York: Lady Gaga schmückte mit ihren schräg-sexy Outfits unzählige Titelseiten, machte halbnackt und mit lasziven Posen männliche Teenager heiß und beeindruckte mit Intimbekenntnissen ("Angst vor Sex") - allein: Von der Musik wird wohl wenig mehr übrig bleiben als die Frage: Wie ging nochmal der Song? Oder war das nicht doch ein anderer?
Bleibt der Blick ins eigene Land: Die derzeit erfolgreichste deutsche Band Tokio Hotel haben etwas Besonderes geschafft: Die Gruppe um die Kaulitz-Zwillinge Bill und Tom sind mittlerweile keine Teenager mehr, und haben mit ihrem dritten Album "Humanoid" ein Werk vorgelegt, das etwas erwachsener klingt als seine beiden Vorgänger, ohne aber komplett anders zu sein. So können auch die Fans mit ihrer Band älter werden, ohne sich dessen schämen zu müssen. "Humanoid": Eine Platte, die in einigen Jahren vielleicht als Ankerpunkt der Ex-Teenie-und- nun-Rockband Tokio Hotel gesehen werden könnte - wenn auch möglicherweise nicht für die ganz breite Masse, aber doch immerhin für die große Fanschar.
Den Massengeschmack eindeutig getroffen hat hingegen Peter Fox - völlig überraschend. Sein kompromissloses Album "Stadtaffe" hat Kritiker und Publikum gleichermaßen überrascht - es ist massenkompatibel, aber auch anspruchsvoll, eigenwillig und einfach gut. Aber halt, die Hip-Hop-Platte ist von 2008 - Preise und Ehrungen räumte Peter Fox allerdings in diesem Jahr ab.
Bei einem Pop-Rückblick 2009 darf ein Name nicht fehlen: Michael Jackson. Sein tragischer Tod am 25. Juni 2009 hat die Menschen in allen Erdteilen bewegt. Der 50-Jährige starb nur wenige Wochen vor seinen geplanten Comebackshows, bei denen er der Welt noch einmal zeigen wollte, dass er der wahre "King of Pop" ist. Seine Musik beweist das allemal: Neun Alben und 24 Singles standen direkt nach seinem Tod in den deutschen Top 100, Zehntausende tanzten rund um den Globus in Erinnerung an ihren Star den "Moonwalk", bewegten sich in Zombiekostümen zu "Thriller", feierten Jackos Andenken mit "Beat It" und "Billie Jean".
Das wird hängen bleiben im Rückblick auf 2009 - im Ohr und vor dem geistigen Auge: Die Musik und Genialität eines Großen, der gerade gestorben ist und dessen beste Zeit schon etliche Jahre zurückliegt.