Gasometer

Simmerings Vierlinge

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Die Gasometer haben sich vom Industriedenkmal zum Grätzel-Wahrzeichen gemausert.

Als die Turmvierlinge 1896 errichtet wurden, atmete die Bevölkerung in der Wiener Innenstadt und im 20. Bezirk auf – sie bekamen endlich Gas. 15 Jahre später versorgten die Simmeringer Gaswerke (gemeinsam mit jenen in Leopoldau) die gesamte Bundeshauptstadt mit sogenanntem Stein- oder Leuchtgas. Gespeichert wurde das Gas in Behältern, die man Gasometer nannte – und selbst nach der Stilllegung 1984 noch so nennt.

Vier Architekten

Die Vierlingstürme waren also zu nichts mehr nütze, prägten aber immer noch das Stadtteilbild von Simmering und standen seit 1981 unter Denkmalschutz. Was tun mit einem Industriedenkmal dieser Größe? Es zum Guggenheim-Museum ausbauen, eine Indoor-Schihalle errichten, zur Schwimmhalle umwidmen? Zuerst musste eine Machbarkeitsstudie her, die der Wiener Architekt Manfred Wehdorn lieferte. Er fand sich dann auch unter den Gestaltern der Wohnbauten wieder, die in den Zylindern entstanden. Weitere klingende Namen standen Wehdorn zur Seite: AJN-Jean Nouvel, Coop-Himmelb(l)au sowie Wilhelm Holzbauer. 2001 wurde das „Gasometer City“- Projekt fertig gestellt und bildete die Handschrift seiner Architekten ab. Von kühler Stahl-Glas-Kombination über traditionelle Wiener Hofbauweise bis zur pflanzenreichen Begrünung bekam jeder Turm seine eigene Atmosphäre. Und man warf sich tüchtig ins Zeug auf den 220.000 Quadratmetern, die es zu revitalisieren galt. 600 Tonnen Stahl mussten demontiert, 78.000 Kubikmeter Decken installiert und 300 Kilometer Kabel verlegt werden. Auch die 1.600 Tonnen schweren Stahlkuppeln wurden demontiert, zerlegt, instandgesetzt und mit mehr als 17.000 Schrauben wieder auf den Vierlingstürmen festgeschraubt.

Musik liegt in der Luft

Heute leben im Gasometer rund 1.600 Menschen in 602 geförderten Miet- und Eigentumswohnungen und genießen die Vorteile der Lage: hohe Lebens- und Versorgungsqualität, ideale Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz, ausreichend Parkplätze. Und das alles inmitten von Historie. Doch eine Gasometer-Wohnung mit Leben zu erfüllen, war den Projekteuren à la longue zu wenig – sie erkannten, dass das Gelände perfekt für eine gemischte Nutzung geeignet ist. Es folgten 247 Studentenheimplätze, Büroflächen, das Wiener Stadt- und Landesarchiv. Familien freuten sich über ein Kindertagesheim, Kinosäle, eine Veranstaltungshalle und ein Einkaufszentrum. Zuletzt hat sich das ehemalige Gaswerk als Musikzentrum etabliert, speziell für Rock-, Jazz- und Popmusik. Passt sehr gut, denn dort, wo internationale Musiker auftreten, ist ein guter Boden für den Nachwuchs. Und so schafft die Gasometer City einen Campus, der Musik, Musikwirtschaft und -ausbildung verbindet und Synergien schafft. Zu ihm gehören die Popakademie, das Jam Music Lab und die Electronic Music Academy.

Rund herum

Und weil das Ensemble inzwischen in Simmering angekommen und äußerst beliebt ist, entwickelt sich auch drumherum Interessantes. Zum Beispiel der Bürokomplex "OfficeCampus Gasometer" an der Erdbergstraße und Guglgasse mit insgesamt rund 50.000 Quadratmetern Bürofläche, in den bereits Statistik Austria, Merz und Allianz eingezogen sind. Oder ebenfalls an der Erdbergstraße der Multifunktionsbau mit einem integrierten Studentenheim für 280 Studierende, einem Gymnasium und einem Seniorenwohnheim. Ein Budget-Design-Hotel sowie der Öko-Wohnhauspark „Villa Verdi“ vervollständigen die baulichen Erweiterungen am Erdberger Mais. Und auch südlich der Gasometer City hat sich einiges getan: Wohnbauten im Bereich Trinkhausstraße/Hallergasse/Urschenböckgasse, das Kunstdepot Artex an der Hallergasse, das Büroprojekt "Marximum" an der Modecenterstraße sowie ein Wohnbau des Österreichischen Siedlungswerkes am Medwedweg machen das Gebiet rund um die Gasometer zu einem der interessantesten Orte in ganz Wien.

Mehr Infos:

Gasometer City

Office Campus Gasometer

Ville Verdi

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