Sie schimmern in leuchtenden Farben, bunte Muster und eine Spruchweisheit auf Suaheli zieren sie. Kangas gehören für ostafrikanische Frauen, vor allem in Kenia und Tansania, zum Alltag. Traditionsbewusste Frauen tragen sie als Wickelröcke oder Kopftuch.
So manches Baby schlummert im Kanga-Tragetuch auf dem Rücken seiner Mutter. Aber auch modebewusste junge Afrikanerinnen kaufen gern Designerkleider, die aus Kangas geschneidert sind. Längst ist das bunte Tuch mit dem Spruch kein Kleidungsstück mehr, das nur als Accessoire der altmodischen Großmutter auf dem Dorf gilt. "Wenn ich einen Kanga kaufe, dann schaue ich nicht, ob mir das Muster und die Farben gefallen, sondern was der Kanga aussagt", sagt Tina Issa, Verkäuferin in einer Boutique in der Stadt Stone Town auf der Insel Sansibar, die zu Tansania gehört. Der Kanga muss die richtige Botschaft haben.
Viele Frauen, die gerade in der streng islamisch geprägten Kultur der kenianischen und tansanischen Küstenbewohner oft nur mit wallenden schwarzen Gewändern und bedecktem Haar auf der Straße zu sehen sind, setzen mit einem Kanga-Kopftuch oder Kanga-Schal Akzente. Oder sie senden subtile Botschaften aus, wie Tina verrät. Es gibt für so ziemlich jede Situation einen passenden Spruch. Man muss nur den richtigen Kanga finden.
In den verwinkelten engen Gassen von Stone Town gibt es genügend Straßenverkäufer und kleine Läden, in denen die bunten Tücher angeboten werden. Es wird gemessen und gefeilscht, die Stoffqualität wie die Botschaft des Kangas werden geprüft. "Eine Freundin von mir hat einen speziellen Kanga getragen, um ihrem Freund klar zu machen, dass sie einen Heiratsantrag von ihm erwartet", sagt Tina. Andere Sprüche können der Familie sagen, dass ein Mädchen zu ihrem Liebsten steht. Oder eine Frau kann ihrem Mann signalisieren, dass sie ihm einen Fehler verziehen hat.
"Jaraha la moyo haliponi" (ein schmerzendes Herz heilt niemals) mahnt etwa ein Kanga in fröhlichem Orange. Ein geblümter Kanga mit der Botschaft "Mungu akupe Baraka namie nifurahi" (Wenn Gott dich segnet, bin ich glücklich) ist auf jeder Hochzeits- oder Geburtstagsfeier angemessen. Und wenn eine Frau einen Kanga mit der Aufschrift "Nipende nione raha fanyie karaha" (Mach mich glücklich, und ich bin gut zu dir) trägt, will sie verführt werden.
Jeder Kanga ist einmalig. "Durch den Druck ist keiner hundertprozentig wie ein anderer mit dem gleichen Muster", versichert Faith Koli. Die Kenianerin träumt davon, sich mit einer eigenen kleinen Modewerkstatt selbstständig zu machen. Schon jetzt schneidert die Buchhalterin in ihrer Freizeit für Freundinnen und verbindet dabei afrikanisches Design mit westlichen Modevorstellungen.
Faith mag am liebsten Kangas aus Sansibar. Sie sind sehr leicht, weil es dort so heiß und schwül ist, sagt sie. Auch die Leuchtkraft der Farben sei bei den von der Insel stammenden Kangas besonders ausgeprägt. Doch Tina mahnt: "Mit dem falschen Spruch taugt der schönste Kanga nichts!"