Jung genug, um es besser zu wissen. Diese Polit-Newcomerinnen mischen den Wahlkampf auf. Was sie in Österreich verändern und bewegen wollen.
Vorbei sind die Zeiten, in denen man als junge, hübsche Frau in der Politik bloß belächelt wurde. Derzeit ziehen sieben erfolgreiche Jungpolitikerinnen im Wahlkampf (am 29. September wird der Nationalrat gewählt) die Aufmerksamkeit auf sich. Zu Recht, denn sie sind engagiert, idealistisch und bringen frischen Wind in eingestaubte Debatten. Wir haben die Polit-Aufsteigerinnen zum Interview gebeten und nachgefragt, wofür sie stehen, was sie ändern und wie sie Wähler überzeugen möchten.
Ganz vorne dabei
Doch nicht nur aufgrund ihrer frischen Ideen kommt man in diesem Wahlkampf nicht an ihnen vorbei. Die sieben Jungpolitikerinnen kandidieren teilweise auf dem fünften, sechsten und eine von ihnen sogar auf dem dritten Platz der Bundesliste ihrer jeweiligen Partei. Sprich: Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass viele dieser sieben Frauen im Herbst in den Nationalrat einziehen. Und das, obwohl sie fast alle noch in ihren Zwanzigern sind und zum Teil noch studieren. Dennoch kann man so manch eine bereits getrost als „alten Hasen“ in der Politik bezeichnen. Katharina Kucharowits von der SPÖ etwa ist seit acht Jahren politisch aktiv und bereits stellvertretende Bundesparteivorsitzende. Sigrid Maurer von den Grünen machte sich vor Jahren als ÖH-Vorsitzende einen Namen, die mit viel Vehemenz öffentlich für die Rechte der Studenten eintrat und Theresia Leitinger hat mit nur 24 schon eine beachtliche Karriere in der ÖVP hingelegt. Andere wiederum, wie etwa Kathrin Nachbaur vom Team Stronach und Claudia Gamon von den NEOS, mischen – ebenso wie die Parteien, für die sie antreten – zum ersten Mal im Polit-Zirkus mit und garantieren so auf jeden Fall ein spannendes Rennen um den Wahlsieg.
Die junge Steirerin ist Generalsekretärin der ÖVP-Frauen und befindet sich auf Platz 20 der ÖVP-Bundesliste für die kommende Wahl.
„Obwohl mir mein Vater eher abgeraten hat, wurde Politik zu meiner großen Leidenschaft.“ FPÖ. Die WU-Studentin aus Wien ist die Tochter von Ex-Vizekanzler Norbert Steger und ehemalige Basketball-Nationalspielerin. Sie moderiert „FPÖ-TV“ und steht auf Platz 10 der Wiener Landesliste.
Die Tirolerin ist ehemalige ÖH-Vorsitzende und nun auf Platz sechs der Bundesliste gereiht. Momentan studiert sie Soziologie in Wien.
Kathrin Nachbaur arbeitet seit 2001 für Stronachs Magna-Konzern und gilt als seine engste Vertraute. Als 20-Jährige sprach sie Stronach auf einem Ball an, ob er einen Job für sie habe.
Sie ist Vorsitzende der JG und stellvertretende Bundesparteivorsitzende der SPÖ. Die Studentin aus Schwechat befindet sich auf Listenplatz 5.
Aus Vorarlberg stammend wirkte Claudia Gamon bereits zwei Mal als Spitzenkandidatin der JuLis bei den ÖH-Wahlen mit und kandidiert nun auf Platz 6 der NEOS-Bundesliste für den Nationalrat.
Die Burgenländerin kandidiert auf dem 3. Listenplatz des BZÖ und ist seit 12 Jahren als Trainerin und Coach im Gesundheits- und Sportbereich tätig.
Katharina Kucharowits (29)
„Nicht nur überleben, sondern leben!“
Sie haben schon jung begonnen, sich politisch zu engagieren. Wie kam es dazu?
Katharina Kucharowits: Ich bin über Freunde zur Jugendorganisation der SPÖ gekommen und fand es von Anfang an toll, dass wir dort konkrete Projekte umsetzen und wirklich etwas für junge Leute erreichen konnten.
Was möchten Sie noch für junge Menschen bewegen?
Kucharowits: Wohnen muss wieder billiger werden, Förderung des bezahlten Papamonats und ich möchte, dass unbezahlte Praktika und niedrige Einstiegsgehälter bald der Vergangenheit angehören. Um nicht einfach nur zu überleben, sondern das Leben auch genießen zu können! Arbeit ist schließlich nicht alles!
Muss man als Frau in der Politik härter um Anerkennung kämpfen?
Kucharowits: Leider ist das heute teilweise immer noch so. Allerdings muss ich mich auch selbst an der Nase nehmen und zugeben, dass man da vielleicht manchmal hineinkippt und als Frau automatisch das Gefühl hat, sich ganz besonders beweisen zu müssen. Dennoch finde ich, dass sich die Situation in den letzten acht Jahren enorm gebessert hat.
Theresia Leitinger (24) ÖVP
„Gendern bringt am Ende des Monats auch nicht mehr am Gehaltszettel.“
Wie sieht Ihr politischerWerdegang aus?
Theresia Leitinger: Ich war während meines Studiums schon als Studienvertreterin aktiv. Da habe ich gemerkt, dass man auf politischer Ebene viel bewegen kann, wenn man sich für etwas einsetzt. Das hat mich dann in meinem Berufsweg geprägt.
Von der Studienvertreterin zur Generalsekretärin der ÖVP für Frauen – ein beachtlicher Karrieresprung.
Leitinger: Ja, diese Position habe ich seit 2013 inne. Davor war ich schon als Landesgeschäftsführerin der ÖVP für Frauen tätig. Hierin sehe ich auch eines meiner zwei wichtigsten politischen Anliegen. Frauenpolitik muss sich grundsätzlich verändern. Bei den Grünen und der SPÖ wird viel zu viel aufs Gendern und auf Quoten reduziert. Wer ist schon gerne die Quotenfrau? Ich möchte mehr auf Pension und Gesundheit eingehen.
Sie haben von zwei wichtigen politischen Zielen gesprochen. Was ist denn das andere?
Leitinger: Der zweite Bereich, der mir sehr am Herzen liegt, ist Europa. Auch wenn Österreich ein sehr kleines Land ist, haben wir einen wichtigen Beitrag für die EU zu leisten. Man muss sich wieder vor Augen führen, dass Europa neben wirtschaftlichen Faktoren zuallererst ein Friedensprojekt ist.
Sigrid Maurer (28) Die Grünen
„Ich bin schon eine ziemliche Gerechtigkeitsfanatikerin!“
Was war der Auslöser für Ihr politisches Engagement?
Sigrid Maurer: Ich bin in die Politik gegangen, als man mein Studium abschaffen wollte. Ich habe Musikwissenschaft in Innsbruck studiert. Nachdem ich begonnen habe, Unterschriften dagegen zu sammeln, sind plötzlich noch 27 andere Missstände aufgetreten – und ich bin schließlich eine ziemliche Gerechtigkeitsfanatikerin.
Wozu braucht es Junge in der Politik?
Maurer: Nur weil Sebastian Kurz sehr jung ist, heißt das nicht, dass er auch gute Politik macht. Er macht schlichtweg die Politik der ÖVP, nur anders verpackt. Trotzdem ist es gerade bei der Bildung, die ja mein zentrales Thema ist, von Vorteil, einen Zugang zu jungen Menschen zu haben und sie zu verstehen. Meist wird Wissenschaftspolitik von Menschen gemacht, die schon ziemlich weit entfernt sind von ihren eigenen Studienerfahrungen.
Sind Sie für die Frauenquote?
Maurer: Ich bin auf jeden Fall eine Quoten-Befürworterin! Denn wenn wir darauf warten, dass die männliche Elite uns irgendwann von selbst in ihre Machtzwickel vordringen lässt, sind wir alt.
Michaela Hatvan (28):BZÖ
„Die meisten Politiker kotzt der Wahlkampf richtig an.“
Wie erleben Sie Ihren ersten Wahlkampf?
Michaela Hatvan: Ich habe die Zeit bisher als durchwegs positiv erlebt. Ich genieße diese neuen Herausforderungen sehr und spreche gerne mit den Menschen auf der Straße. Die meisten Politiker kotzt der Wahlkampf richtiggehend an. Ich weiß nicht, wie sie Politik machen wollen, wenn sie nie mit den Leuten reden.
Was muss in Sachen Gleichberechtigung getan werden?
Hatvan: Frauen verdienen nach wie vor um über 20 Prozent weniger als Männer und das für gleiche Arbeit. Das muss sich ändern! Außerdem müssen wir für flächendeckende und leistbare Kinderbetreuung sorgen. Nur so können wir garantieren, dass jede Frau, die das möchte, einer Vollzeitbeschäftigung nachgehen kann.
Sie sind seit fünf Jahren in einer Beziehung. Wie lässt sich das mit dem Stress eines Wahlkampfs vereinbaren?
Hatvan: Mein Freund ist meine größte Stütze und immer dabei, wenn er Zeit hat. Er macht mir Mut, versorgt mich mit Energie und vertritt das BZÖ mit voller Überzeugung.
Und wie sieht es da mit Ihrem Vater aus? Er ist bei der ÖVP…
Hatvan: Er unterstützt mich voll und hat mich sehr ermutigt, diese Chance zu nutzen.
Claudia Gamon (24) Neos
„Unternehmen müssen verstehen, dass sie Frauen in Führungspositionen brauchen.“
Was sind Ihre persönlichen politischen Anliegen?
Claudia GAMON: Vor allem eines: die Bildung. Nicht nur, weil ich diese als eines der wichtigsten Themen für die grundsätzliche gesellschaftliche Entwicklung erachte, sondern da viele andere Punkte gar nicht umsetzbar sind, wenn unsere Bürger nicht gut ausgebildet, engagiert und mündig sind. In meiner Tätigkeit als Studienvertreterin habe ich gemerkt, dass dieser Bereich stark vernachlässigt wird und das finde ich unverantwortlich.
Muss man als Frau in der Partei härter kämpfen, um ernst genommen zu werden?
Gamon: Bei NEOS nicht, im Allgemeinen aber ja. In meiner Tätigkeit als Studienvertreterin habe ich mich bei Podiumsdiskussionen oft als Quotenfrau gefühlt.
Sind Sie für die Frauenquote?
Gamon: Nein, ich bin absolut dagegen. Erstens aus einem liberalen Prinzip heraus und zweitens, weil ich weiß, dass sich unsere Gesellschaft verändern wird. Ich studiere BWL und wir haben jetzt schon mehr weibliche als männliche Studenten. Und irgendwann wird es einfach ein größeres Angebot an gut ausgebildeten Frauen im Bereich des Managements geben. Ich glaube da wird die Logik über den Sexismus siegen.
Sind Sie sicher?
Gamon: Davon bin ich fest überzeugt.
Kathrin Nachbaur (34): Team Stronach
„Wir brauchen bessere Rahmenbedingungen für Frauen.“
Wie haben Sie Frank Stronachs Entscheidung, in die Politik zu gehen, miterlebt?
Kathrin Nachbaur: Wir haben immer schon viel miteinander über Politik gesprochen und schließlich gemeinsam den Entschluss gefasst, aktiv zu werden.
Was möchten Sie für junge Menschen bewegen?
Nachbaur: Die Jugend ist unsere Zukunft, dennoch wird momentan viel zu wenig für sie getan. Am wichtigsten ist es, dass junge Menschen die Aussicht auf einen guten Ausbildungs- und Arbeitsplatz haben. Deshalb haben wir unseren Fokus auch darauf gesetzt, die Wirtschaft anzukurbeln.
Was muss in Sachen Gleichberechtigung getan werden?
Nachbaur: Ich habe im Laufe meiner Karriere den Eindruck gewonnen, dass eine Frau oft doppelt so gut sein muss wie ein Mann, um eine Stelle zu bekommen. Die Rahmenbedingungen für Frauen müssen besser werden, egal ob sie nun zu Hause bei der Familie bleiben oder Karriere machen.
Was ist denn Ihr persönliches politisches Ziel?
Nachbaur: Ich möchte dazu beitragen, unseren Schuldenberg abzubauen. Österreich darf kein Hochsteuerland sein.
Petra Steger (26): FPÖ
„Obwohl mir mein Vater eher abgeraten hat, wurde Politik zu meiner großen Leidenschaft.“
Ihr Vater war selbst in der Politik bzw. in der FPÖ tätig, wann haben Sie begonnen, sich politisch zu engagieren?
Petra steger: Wir haben in der Familie natürlich immer schon über aktuelle politische Ereignisse und Entwicklungen gesprochen. Ursprünglich wollte ich diesen Weg aber eigentlich nicht einschlagen, auch mein Vater hat mir eher abgeraten. Die Politik wurde aber immer mehr zu meiner großen Leidenschaft.
Denken Sie, muss man als Frau härter kämpfen, um politisch ernst genommen zu werden?
Steger: Ich glaube schon, dass man als Frau in einer Männerdomäne stärker unter Beobachtung steht. Was meine politische Arbeit angeht, so soll sie nicht daran gemessen werden, ob eine Frau oder ein Mann sie geleistet hat, sondern ob sie gut oder schlecht ist.
Ihre politischen Ziele?
Steger: Zuallererst der Einzug in den Nationalrat. Danach möchte ich mich gut in die parlamentarische Mannschaft einbringen und mit guter Sacharbeit punkten. Es ist wie im Sport: Als Neuling hat man noch keinen Fixstartplatz in der Kampfmannschaft. Den muss man sich erst erarbeiten.