Flüchtlingsdrama

350 Tote schockieren die ganze Welt

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Die Tragödie zeigt das Versagen der europäischen Flüchtlingspolitik.

Praktisch stündlich muss die Bürgermeisterin der kleinen Mittelmeerinsel Lampedusa, Giusi Nicolini, die Zahl der geborgenen Leichen nach oben korrigieren: Bis Freitagnachmittag waren es 111 Afrikaner, die auf der Fahrt nach Europa ihr Leben lassen mussten, wie Nicolini mit bebender Stimme erklärte. Exakt 155 Menschen konnten bis dahin gerettet werden, ergänzte sie. Aber: Mehr als 200 galten weiter als vermisst – die Hoffnung, sie lebend zu finden, ist mittlerweile gleich null.

Suche nach Opfern wegen Seegangs ausgesetzt
Es wäre eine Bilanz des Schreckens: 350 Menschen aus Eritrea, Somalia und Ghana sind ertrunken – eine noch nie da gewesene Tragödie vor den Toren der EU.

Die verzweifelte Suche nach Überlebenden musste dann wegen des hohen Seegangs unterbrochen werden. Außerdem: Das Wrack des Flüchtlingsschiffes liegt in 47 Metern unter dem Meeresspiegel. „In dieser Tiefe dürfen wir uns nur wenige Minuten aufhalten“, erklärte ein Einsatztaucher der Guardia Costiera (Küstenwache) gegenüber der sizilianischen Zeitung Agrigentonotizie.

Sonderschiff mit Särgen aus Sizilien angefordert
Die Zahl der Toten überfordert die Inselverwaltung. Über 140 Särge wurden mit einer Sonderfähre aus Sizilien nach Lampedusa gebracht – weitere werden wohl notwendig sein. Zumal das nächste Flüchtlingsschiff sicher schon unterwegs ist.

Lampedusa ruft um Hilfe

Weniger die geografische Nähe Lampedusas zu Afrika als das Versagen der EU habe Schuld an dem Drama.

Insel-Chefin Giusi Nicolini geht mit Brüssel anlässlich des Immigranten-Dramas scharf ins Gericht: „Diese Flüchtlingstragödie ist nicht ein Unfall, sondern das Resultat einer Migrationswelle, die seit 15 Jahren nicht nachlässt. Lampedusas Schicksal ist nicht von seiner Geografie, sondern von der Politik der EU bestimmt“, klagte Nicolini.

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