Nur noch 32 Kilo

Grazerin hungert sich zu Tode

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Sie erfand Missbrauch - Vater kam in Haft – sie kämpfte für ihn und starb.

Die Schuld­gefühle fraßen sie auf – Michelle M. (25) aus Graz wog am Ende nur noch 32 Kilo. Am vergangenen Dienstag hörte das schwache Herz der Steirerin für immer auf zu schlagen. Sie starb im Bett neben ihrer geliebten Schwester Theresa.

Ihre Mutter Gisela Pokorny weiß nicht mehr weiter: Sie hat eine Tochter verloren, und ihr Lebensgefährte Hansjörg B. ist im Gefängnis – weil ihn Michelle mit einer erfundenen Geschichte über sexuellen Missbrauch dorthin gebracht hatte. „Er sitzt wegen nichts in Haft, und Michelle ist wegen nichts gestorben“, klagt die Frau im ÖSTERREICH-Gespräch. „Das kann ich sagen, die Justiz hat beide am Gewissen.“

Lügengeschichten
Alles begann 2005. Michelle, die schon immer als schwieriges Kind galt, dachte sich eine Geschichte aus: Ihr Stiefvater Hansjörg B. habe sie sexuell missbraucht. Die Idee dazu kam der Grazerin beim Anschauen eines TV-Beitrages.

Das Radwerk der Justiz kam ins Rollen. Michelle flog auf, kam vor Gericht und wurde wegen Verleumdung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Aber 2007 zeigte die junge Grazerin erneut einen Übergriff von Hansjörg B. bei der Polizei an. Dieses Mal glaubte ihr die Justiz. Urteil: acht Jahre Haft für den Stiefvater.

Unschuldig
„Ich habe immer an seine Unschuld geglaubt“, so Gisela Pokorny. „Zwei Jahre später kam Michelle zu mir, beichtete, alles erfunden zu haben, und wollte ihren Stiefvater wieder aus dem Gefängnis holen.“ Doch niemand wollte der 25-Jährigen nun glauben. Aus Verzweiflung begann ihre Magersucht. „Erst als Anwältin Karin Prutsch den Fall übernommen hat, ging etwas weiter.“

Heute im TV
Die letzte Hoffnung jetzt: „Michelle gab vor ihrem Tod noch zu, dass sie nie von ihm missbraucht wurde“, so Topanwältin Karin Prutsch: „Die Aussage gibt es sogar auf Video.“ Heute um 12 Uhr schildert RTL-Punkt 12 den Fall. Die Familie bittet um Hilfe: Theresa Pokorny – Steiermärkische Sparkasse – BLZ: 20815 – Kontonummer: 456 88 370.

ÖSTERREICH: Frau Pokorny, Ihre Tochter ist tot und Ihr Lebensgefährte hinter Gittern, wie geht es Ihnen?
Gisela Pokorny:
Ich weiß gar nicht, wie ich damit umgehen soll. Hansjörg sitzt wegen nichts im Gefängnis, und Michelle ist wegen nichts gestorben. Eines kann ich aber sagen, die Justiz hat beide am Gewissen.

ÖSTERREICH: Wie meinen Sie das?
POKORNY:
Es war von Anfang an eine Farce. Erst behauptete Michelle, sie sei von Hansjörg vergewaltigt worden. Das stimmte nicht, und sie wurde zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

ÖSTERREICH: Und dann?
POKORNY:
Dann erfand Michelle erneut eine Vergewaltigung, und Hansjörg wurde 2007 zu acht Jahren Gefängnis verdonnert. Obwohl es nie zu einer Vergewaltigung kam.

ÖSTERREICH: Wie ging es dann weiter?
POKORNY:
Vor zwei Jahren kam Michelle zu mir und beichtete, dass wieder alles frei erfunden war. Dank der Rechts­anwältin Karin Prutsch kam der Fall dann wieder ins Rollen.

ÖSTERREICH: Und Michelle?
POKORNY:
Ihr ging es immer schlechter, sie hungerte sich zu Tode. Am Schluss hatte sie nur noch 32 Kilo. Und obwohl wir zwei eidesstattliche Erklärungen einbrachten, dass sie alles nur erfunden hatte, sitzt Hansjörg immer noch.

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