Studie zeigt

Hälfte der afghanischen Teenies in Wien für Gottesstaat

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Eine Studie zeigt, wie Jugendliche mit Migrationshintergrund in Wien über demokratische Grundhaltungen, ihre eigene Identifikation und Gewalt denken.

Mehr als 700 in Wien lebende Jugendliche mit afghanischen, syrischen, tschetschenischen, kurdischen, türkischen und bosnischen Wurzeln, wurden im Zuge einer Studie der beiden Forschungsinstitute think.difference und SORA unter der Leitung von Kenan Güngor befragt. Ziel war es, Erkenntnisse über Identifikation, demokratische Grundhaltungen sowie abwertende und gewaltlegitimierende Einstellungen bei Jugendlichen zu gewinnen.

Und so zeigen die Ergebnisse, dass vor allem die Familie und das soziale Umfeld einen großen Einfluss auf demokratieablehnende, sowie abwertende Grundhaltungen haben. Aber auch die psychische Verfassung, sowie eine starke Orientierung am Islam spielen dabei eine wesentliche Rolle.

Besonders Jugendliche aus afghanischen, syrischen oder tschetschenischen Familien bekommen strengere Rollenbilder und Regeln vorgelebt und anerzogen. Auch die Traditionen innerhalb der Familie sind oft gefestigter. Auch autoritäre Prägungen aus dem Herkunftsland der Eltern nehmen Einfluss auf die Teenies. Allerdings kommt die Studie zum Entschluss: "Mit zunehmender Aufenthaltsdauer sinken jedoch antidemokratische und abwertende Grundhaltungen."

Und auch Religion spielt im Leben der befragten Muslime - mit Ausnahme der kurdischen Befragten - eine größere Rolle als bei Nicht-Muslime. Am stärksten am Islam orientieren sich demnach die afghanischen Jugendlichen (72%), gefolgt von syrischen und tschetschenischen (je 69%). Vor allem Letztere geben an, dass ihre Religiosität in den letzten Jahren zugenommen habe.

Von den afghanischen Jugendlichen in Wien geben aber über die Hälfte (55 %) an, die Vorschriften des Islam über die Gesetze Österreichs zu stellen. Knapp unter die Hälfte (47 %) will  einen religiösen Gelehrten an der Spitze des Staates sehen.

Eine solche Entwicklung sei aber nicht ungewöhnlich, da viele der Jugendlichen "zwischen den Stühlen" sitzen würden, erklärt Martina Zandonella von SORA gegenüber der "Presse". Sie kennen sowohl die Vorzüge der Gesetze aus ihrem Herkunftsland sowie die Vorzüge der Demokratie in Österreich. Hier spricht Zandonella von "Mehrfachidentitäten". Aus der Studie geht aber auch hervor, dass die Einstellung zur Demokratie durch die übergeordnete Rolle der Religion negativer wird.

Zudem ist auch Antisemitismus unter den Befragten zu erkennen, welcher aus dem Glauben zum Islam resultiert. Darin wird Israel als Feind der Muslime gesehen. In der Studie wurde diese Einstellung zwei Drittel der Afghanen, vier von zehn syrischen und türkischen Jugendlichen sowie jedem dritten Jugendlichen mit tschetschenischem und bosnischem Migrationshintergrund zugeschrieben.

Außerdem stehen die Befragten kritisch gegenüber Homosexualität. Die Hälfte der Syrer und Afghanen lehnen Homosexualität ab. Diese Einstellung teilen sie sich auch mit vier von zehn Tschetschenen und Türken. Das Verhältnis von Mann und Frau wird vielfach in traditionellen Rollenbildern gesehen: Drei Viertel der Jugendlichen aus Afghanistan finden, dass der Mann für alle größeren Entscheidungen zuständig sein sollte. 76 Prozent der bosnischen und 61 Prozent der türkischen Jugendlichen findet es außerdem peinlich, wenn der Mann weniger Geld verdient als die Frau. Unter den befragten Jugendlichen ohne Migrationshintergrund sind Abwertungen gegenüber Muslim/innen am häufigsten verbreitet.

Afghanische Jugendliche geben am häufigsten an, Gewalt innerhalb der eigenen Familie erlebt zu haben (43 %). Zustimmung zu Respekt vor Ordnung und Gesetzen liegt bei allen Gruppen bei mehr als 80 bis 100 Prozent. Unter Jugendlichen aus Tschetschenien ist der Wert mit 84 Prozent am geringsten. Ein Großteil der befragten jungen Menschen lehnt Gewalt ab. Eine Ausnahme bildet auch hier die Gruppe der Afghan/innen: Etwas mehr als die Hälfte der befragten Jugendlichen aus Afghanistan erachten Gewalt als legitimes Mittel zur Herstellung von Ehre und Respekt in Hinblick auf die eigene Person oder Religion.


 

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