Der Fall der Woche

Baum traf Familie in Gondel wie der Blitz

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Ski-Touristen wurden samt Kabine 10 Meter in Tiefe geschleudert

Tirol. Es gibt Unfälle, die nicht nur einen Moment, sondern einen Verlauf haben – eine Verkettung unglücklicher Umstände, die am Ende über einen hereinbrechen wie der Blitz.

So jedenfalls muss es einer dänischen Familie ergangen sein, die am Dienstag mit der Acherkogelbahn im Skigebiet Hochoetz bergwärts fuhr – als ein etwa 28 Meter hoher Baum zusammen mit zwei weiteren kleineren Bäumen in Richtung Seilbahntrasse auf das Tragseil fiel – dabei riss das Seil nicht, sondern katapultierte den Baum weg, der daraufhin zurückschnalzte und just auf die Verankerung einer Gondelkabine donnerte, die schließlich etwa 8 bis 10 Meter in die Tiefe, in steiles, unwegsames Gelände fiel.

So weit konnte das Unglück – „so unwahrscheinlich wie ein negativer Lottosechser“, wie der Bürgermeister von Ötz, Hansjörg Falkner, zerknirscht zusammenfasst – rekonstruiert werden. Unmittelbare Zeugen gab es keine. Und für die vier Dänen in der Kabine ging alles viel zu schnell. Die 19-jährige Sofia L. schildert gegenüber ihrer Mutter Patricia nur, dass ihr Vater Michael (49) und ihr Onkel Peder (44) durch ein Fenster geschleudert wurden und im Schnee landeten. Sie selbst krachte in der Gondel auf ihren um ein Jahr älteren Bruder. Die Schülerin kam „nur“ mit einem Knochenbruch in der Augenhöhle und einem einzelnen Wirbelbruch davon. Sie soll das Spital bereits kommende Woche verlassen können.

Ihr Bruder Daniel erlitt vier Frakturen am Rücken sowie zwei unter dem rechten Auge, zudem eine Blutung im Gehirn. Er wurde kurz einvernommen und kann sich nach mehreren Schlaganfällen an gar nichts erinnern: Blackout. Onkel Peder kam wie sein Neffe ins Spital nach Zams – mit einem Lungenriss, gebrochenem Arm, fünf Brüchen am Rücken und zwei gebrochenen Rippen.

Gondel Tirol Absturz

Die abgestürzte, völlig ramponierte Gondelkabine.

© privat
× Gondel Tirol Absturz

Schwerstverletzter ist Physiotherapeut

Am schlimmsten erwischte es Sofias Vater Michael G. der sich auf der Uni-Klinik Innsbruck im künstlichen Koma befindet – seine Lunge ist ebenfalls verletzt, er hat fünf Brüche, Rückenverletzungen, neun gebrochene Rippen, beide Nieren des 49-Jährigen, der in der Heimat selbst in einem Krankenhaus als Physiotherapeut arbeitet, sind beschädigt. „Aber er wird es schaffen“, ist seine Ex-Frau und Mutter der gemeinsamen Kinder überzeugt. Sie ist mit dem Flugzeug eilends nach Tirol nachgereist, um sich um alle vier Opfer zu kümmern.

Übrigens wurden zwei weitere Touristen (in einer Kabine vor den Dänen durch die Seilschwingungen) schwerer verletzt als bisher bekannt war: Der Ehemann eines Paares (58 und 62) aus Deutschland trug einen Lendenbruch davon und kann nur im Liegen transportiert werden, seine Gattin hat Prellungen am ganzen Körper.

Zurück zur Ursache der Katastrophe: Mittlerweile kam es zu ersten Begutachtungen durch Sachverständige. So untersuchten Forstinspektion und Geologen die Unfallstelle – der Waldbereich dürfte sich im Besitz der Gemeinde befinden. Die Bäume hatten aufgrund der Bodenbeschaffenheit ein relativ kleines Wurzelwerk und standen auf wenig zerklüftetem Felsuntergrund. Laut dem Imster Polizeichef Hubert Juen sind mehrere „Komponenten“ als Auslöser möglich. Neben der Schneelast könnte auch durch vorherige Eisbildung und anschließendes Auftauen das Erdreich aufgelockert gewesen sein. „Es kann aber vermutlich nie endgültig geklärt werden“, meinte er. Windig war es am Unglückstag nicht – allerdings fegte zwei Wochen davor Sturmtief „Paula“ über Österreich und verursachte schwerste Waldschäden. War der umgefallene Baum in diesem Sinne ein „Spätzünder“? Die Untersuchungen laufen weiter.

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