Kollaps in Spitälern droht

Chef der Intensivmedizin im AKH: "Auslastung liegt bei 100 Prozent"

Thomas Staudinger, Leiter der Intensivstation im Wiener AKH, spricht im oe24.TV-Interview von einer dramatischen Situation.

Wien. Mehr als die Hälfte der Intensivpatienten kamen seit Freitag in Wien hinzu – 22 von landesweit 41. Thomas Staudinger, Leiter der Intensivstation im Wiener AKH, spricht im oe24.TV-Interview von einer dramatischen Situation ­(siehe unten): „Mittlerweile ist klar, dass die Wahrscheinlichkeit für einen schweren Krankheitsverlauf um über 60 Prozent erhöht ist. Die Patienten sind jünger, kommen viel schneller auf die Intensivstation.“

504 Intensivpatienten müssen derzeit versorgt werden, Ende Februar waren es noch 248. In Wien sind 202 Betten belegt. Im AKH wurden am Samstag zwei neue Intensivstationen eröffnet – die bisherige Kinderstation wurde adaptiert sowie ein Aufwachraum.

Um 110 Prozent mehr ­Patienten in einer Woche

Entschlossenheit. Längst sind planbare Operationen verschoben, um Intensivbetten freizubekommen. Dazu gehören große Bauch-, Tumor-, komplexe Herz-OPs und Lungen-Operationen.

SPÖ-Chefin Rendi-Wagner, selbst Ärztin, sagte am Samstag über den Anstieg der Intensivpatienten: „Ein weiteres Alarmsignal. Wie viele noch? Man darf nicht zuwarten, ob es wirklich so schlimm kommt, wie vorhergesagt. Die Krise erfordert kein mutloses Warten, sondern Entschlossenheit und Handeln.“

Am Limit. Experten rechnen mit bis zu 650 Patienten in den kommenden Tagen. Der bisherige Höchststand bei Belegung der Intensivbetten mit Corona-Patienten waren 709 österreichweit. Erreicht wurde diese Zahl am 25. November des Vorjahres. In den vergangenen Wochen stieg die Anzahl der Intensivpatienten um 110 Prozent.

Am Limit ist inzwischen auch das Burgenland. Niederösterreich hat noch kleine Kapazitäten. Oberösterreich könnte bereits in zwei Wochen ans Limit kommen.

(wek)   

Chef der Intensivmedizin im AKH:

"Auslastung liegt bei 100 Prozent"

Intensivmediziner Thomas Staudinger Im Interview.

ÖSTERREICH: Wie ist die Situation im AKH?

Staudinger: Die Auslastung ist bei 100 Prozent, wir sind komplett voll. Im Moment sind die Patienten versorgt, aber jede weitere Steigerung der Patientenanzahl wird sehr schwierig zu bewältigen sein. Ich habe so eine Situation in 27 Jahren Intensivmedizin noch nie erlebt.

ÖSTERREICH: Wird es zusätzliche Kapazitäten geben?

Staudinger: Die Patienten kommen immer schneller auf die Intensivstation. Wir versuchen derzeit alles hochzurüsten, was man in der Intensivmedizin für die Behandlung braucht. Beim Personalstand geht das nicht so schnell. In der Intensivmedizin braucht man hoch qualifiziertes Personal, sowohl ärztlich als auch pflegerisch. Das kann man nicht aus dem Hut zaubern. Mehr Patienten müssen somit mit gleich viel Personal versorgt werden, das macht uns derzeit die größten Probleme.

ÖSTERREICH: Sind Sie schon bei der Triage angelangt?

Staudinger: Wir bauen aus, solange das möglich ist. Wenn das nicht mehr geht, müssen wir entscheiden, welchen Patienten man behandelt, welchen nicht. Das ist der Punkt der Triage. Brutal gesagt: Ein Abwägen der Überlebenschancen.  

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