Ein 22-Jähriger ist wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung angeklagt.
Ein Salzburger ist am Donnerstag bei einem Prozess in Salzburg der nationalsozialistischen Wiederbetätigung nach dem Verbotsgesetz Paragraf 3g beschuldigt worden. Der 22-Jährige ließ laut Anklage am 4. November 2016 mitten in der Stadt Salzburg einen Drachen mit "Nazi"-Symbolen steigen und zeichnete in seiner Gefängniszelle Hakenkreuze auf Zetteln, die er an die Wand hängte.
Der mit einem roten Stift beschmierte Drache, den zwei junge Männer vom Müllnersteg in die Luft fliegen ließen, sorgte für Aufsehen unter den Passanten. Einige alarmierten per Notruf die Polizei. Auf dem Flugobjekt aufgezeichnet waren die Zahl 88, ein Synonym für "Heil Hitler", weiters ein eisernes Kreuz, ein Hakenkreuz und SS-Runen, wie Staatsanwalt Leon-Atris Karisch den Geschworenen schilderte.
"Keine Oberflächlichkeit"
Der 22-jährige war in der rechten Szene kein Unbekannter. Der Verkaufsberater war erst im Februar 2016 wegen Wiederbetätigung nach Paragraf 3g am Landesgericht Salzburg zu 19 Monaten teilbedingter Haft verurteilt worden. Drei Monate davon wurden als unbedingte Strafe verhängt. Für den bedingten Strafanteil gewährte ihm das Gericht eine mehrjährige Probezeit. Nach dem Vorfall am Müllnersteg wurde der Bursch in Haft genommen, sein gleichaltriger Freund auf freiem Fuß angezeigt.
Die vorsitzende Richterin Ilona Schalwich-Mozes wunderte sich, dass der Beschuldigte vier Wochen nach dem Drachensteigen es auch in der Justizanstalt Salzburg nicht lassen konnte, nationalsozialistische Symbole auf DIN-A4-Blätter zu malen und den Spruch "Odin wache über diese Zelle", geschmückt mit Nazi-Zeichen, daraufzuschreiben. Ein Hakenkreuz war mit einem Herz umrahmt. "Sie sagten, sie hätten nicht gewusst, dass man auch im Gefängnis eine solche Straftat begehen kann. Man hat das Gefühl, das sitzt bei ihnen tief drinnen, das ist nicht so eine Oberflächlichkeit. So rasche Rückfalltäter haben wir nicht oft, trotz aufrechter Bewährungshilfe." Der Beschuldigte habe bei einer anderen Verurteilung einen Strafaufschub bekommen. "Ist das der Dank für die Rechtswohltat?", entgegnete die Richterin der Argumentation des Angeklagten, er sei sich im Herbst 2016 der Konsequenzen der Taten nicht bewusst gewesen.
"Ich habe nicht klar denken können"
Der 22-Jährige entschuldigte sich zwar für sein Handeln und meinte, es tue im leid. Bereits vor einigen Jahren habe er sich von einem Freundeskreis getrennt, der ihm nicht gutgetan habe. Jetzt habe er viele ausländische Freunde, mit denen er sich gut verstehe. Vor dem Drachensteigen - der Bursch hatte sich auch eine Österreich-Fahne um die Hüfte gewickelt - habe er drei Bier getrunken. Das Drachensteigen sei eine spontane Aktion gewesen, beteuerte er. Das Zettelschreiben in der Zelle schob er auch auf den Alkohol. Offenbar hatte er nach der Tat 1,25 Promille im Blut. "Ich habe nicht klar denken können", sagte der Salzburger.
Die Vorsitzende gab zu bedenken, dass ein volles Geständnis anders aussehe. "Sprüche ausdenken und das klar umsetzen, das konnten sie. Reue sieht anders aus." Die Rechtfertigung des Beschuldigten bezeichnete sie als "billig und bequem". Der Vorfall mit dem Drachensteigen habe wie eine geplante Inszenierung ausgesehen. "Die faulen Ausreden gibt es nicht mehr", redete Schalwich-Mozes dem Angeklagten ins Gewissen. Bei einer Hausdurchsuchung hatte die Polizei zudem einschlägiges Datenmaterial auf dem Handy und Laptop des 22-Jährigen sichergestellt.
Urteil erwartet
Nachdem der Angeklagte des öfteren in Erklärungsnotstand geriet, beteuerte er, er wolle sich nach seiner Haftentlassung einer psychotherapeutischen Behandlung unterziehen. Er hoffe, dass dann sein Kopf "wieder frei" werden könne und es ihm gelinge, nicht mehr rückfällig zu werden. Sein Verteidiger Andreas Donabauer bezeichnete die Taten "als absolute Dummheit". Im Laufe des Prozesses werden noch einige Zeugen befragt. Vermutlich wird noch heute ein Urteil gesprochen. Im Falle eines Schuldspruches droht dem Salzburger eine Haftstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.