Nach monatelangen Ermittlungen der "Soko-Tape" nun der erste juristische Paukenschlag: Die Staatsanwaltschaft Wien hat gegen zwei Personen aus dem Ibiza-Netzwerk Anklage erhoben.
Die Anklageschrift, die der Recherche-Plattform eu-infothek.com und oe24.at nun vorliegt, hat es in sich: Kokainverkauf, illegaler Waffenbesitz und Weitergabe von versteckten Waffen - das nächste Kapitel aus dem Politthriller.
Staatsanwalt erhebt Anklage
Zehn Monate nach dem Auftauchen des Ibiza-Videos folgt der erste Teilerfolg der Staatsanwaltschaft. Einer der Hauptverdächtigen aus dem Ibiza-Akt, ein 52-jähriger Mann mit bosnischen Wurzeln, sowie seine 36-jährige slowakische Komplizin, wurden von der Staatsanwaltschaft Wien unter anderem für den Handel von Kokain und dem Besitz von illegalen Waffen angeklagt.
Laut dem Staatsanwaltschaft hat die Slowakin das 15-fache der Kokain-Grenzmenge überschritten, der Ex-Detektiv sogar das 25-fache der Grenzmenge. Der Tatverdächtige, der die rechte Hand des Ibiza-Detektivs gewesen sein soll, hat eine einschlägige Vorstrafe, sie hingegen gilt in Österreich noch als unbescholten. Beide befinden sich seit vergangenem Jahr in der Justizanstalt Wien in Untersuchungshaft. Für die Genannten gilt die Unschuldsvermutung.
Hausdurchsuchung im November 2019
Am 19. November stürmte die Cobra zwei Wohnungen in Salzburg. Danach machten die Kripobeamten der „Soko-Tape“ mehrere Sensationsfunde in den Wohnungen. Bei dem bosnischen Security wurden mehr als 130 Gramm Kokain sichergestellt. Das „Gift“, wie es im Polizeijargon genannt wird, war in zwei Plastiksäcken in einem Handstaubsauger versteckt. Die oe24-Redaktion berichtete bereits über diese Hausdurchsuchungen.
Gemeinsam mit Ibiza-Detektiv Kokain gestreckt
Der Ibiza-Detektiv soll laut Anklageschrift im Sommer 2018 im Beisein der slowakischen Komplizin ein halbes Kilogramm Kokain an den bosnischen Dealer übergeben haben. Im Kellerabteil ihrer Wohnung wurde nicht nur das Kokain gebunkert, sondern auch gestreckt. Die arbeitslose Slowakin, früher in einem Edelbordell als Prostituierte tätig, hat gemeinsam mit dem Ibiza-Detektiv das Kokain gestreckt und für den Verkauf gepresst.
Bonnie & Clyde aus Salzburg
Die zwei Beschuldigten, die in der Justizanstalt Wien einsitzen, hatte aber nicht nur eine Arbeitsbeziehung, deren Lebensgeschichte erinnert an Bonnie & Clyde: „Damit meine ich, dass wir eine sexuelle Beziehung hatten und dass ich auch für ihn Suchtgift verkauft habe.“ Der Bosnier wiederum bestreitet eine sexuelle Beziehung gepflegt zu haben.
Illegale Pistole zum 50. Geburtstag
Aber auch illegale Waffen sind Gegenstand der Anklage. Laut Aussage erhielt der Bosnier eine „CZ 99 Kaliber 9 mm“ zum 50. Geburtstag vom Ibiza-Detektiv als Geschenk. „Bonny & Clyde“ müssen sich auch für den Besitz und die Weitergabe von „versteckte Waffen“ vor Gericht rechtfertigen. Die Kriminalbeamten fanden bei der Hausdurchsuchung einen Schlüsselanhänger mit einem versteckten Messer und ein Ring mit einem versteckten Klinge.
Motiv: Eitelkeit und Schulden
Der Salzburger Sicherheitsberater mit bosnischen Wurzeln lebte wohl über seine Verhältnisse. Der Staatsanwalt beschreibt in der Anklageschrift den „aufwändigen Lebensstil, insbesondere die Anschaffung zahlreicher Luxusartikel (hochwertige Markenkleidung, Schmuck, Uhren, Urlaube)“.
In der Beschuldigtenvernehmung habe der Drogenverteiler vom Ibiza-Detektiv an, dass er seine Komplizin von „Prostitution, Alkohol und schlechten Leuten“ losbekommen wollte. Das Motiv der Komplizin dürften wohl finanzielle Schwierigkeiten gewesen sein. Diese gab in ihren fünf Beschuldigtenvernehmungen an, knapp 30.000 Euro Schulden angehäuft zu haben.
Rückblick: Ibiza-Gate
Die Ibiza-Affäre, auch Ibiza-Gate genannt, ist ein politischer Skandal in Österreich, der im Mai 2019 zum Bruch der Regierungskoalition aus ÖVP und FPÖ führte. Der Ibiza-Detektiv war der Begleiter der falschen "Oligarchen-Nichte" auf Ibiza und saß bei dem geheimen Video-Dreh in der Finca gegenüber von Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus. Beide FPÖ-Politiker traten nach der Veröffentlichung zurück. Der ibiza-Detektiv H. sowie der bosnische Kokain-Dealer zählen laut „Soko-Tape“ zu den Drahtziehern des Video-Projekts.
[AS]