Absage

Linz: Verbot von Kopftuch kommt nicht

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Politische Mehrheit in Linz lehnt Antrag geschlossen ab.

Die Debatte um ein Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst ist zum Selbstläufer geworden. Begeistert greifen rechte Kreise die Steilvorlage auf, schreiben sich die Forderung auf die eigene Fahne - mit teils kruden Begründungen. Dennoch zeichnen sich Mehrheiten ab.

Mehrheit in Wels. So führt die FPÖ Wels, wie berichtet, den Kampf gegen den Haarschmuck im Dienste der Frauenrechte, das Kopftuch sei "ein Symbol der Unterdrückung". Mithilfe der ÖVP gibt es in der Stadt eine Mehrheit für das Verbot. Auf Landesebene treibt zur Freude der Blauen Koalitionspartner ÖVP das Thema voran, ein Verbot wird rechtlich geprüft. Einzig in der Landeshauptstadt ist noch offen, ob sich eine Mehrheit findet. Ein entsprechender Antrag der FPÖ liegt vor, er soll am Donnerstag im Gemeinderat behandelt werden.

"Geschmacklose Scheindebatte"

Grüne und SPÖ lehnen den Vorstoß ab. Er ist laut Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) nicht nur grundrechtswidrig, der Stadtchef warnt auch vor weitreichenden Folgen für jeden Gläubigen, egal welcher Konfession (siehe Interview). Die Linzer ÖVP ringt noch um ihre Position. "Wir haben am Montag Fraktionssitzung, dann werden wir den Antrag ausführlich diskutieren", vertröstet Klubchef Martin Hajart.

Zünglein an der Waage. Sollten die Schwarzen auf den FPÖ-Kurs einschwenken, gibt es dennoch keine Mehrheit für das Verbot. Zünglein an der Waage wäre die Neos-Fraktion. Aus liberaler Ideologie heraus sind die Pinken zwar für die Verbannung religiöser Symbole aus staatlichen Einrichtungen. Aber den Kopftuch-Antrag lehnen sie ab. "Der Staat hat niemandem vorzuschreiben, was er am Körper trägt", sagt Mandatar Lorenz Potocnik. Außerdem: "Es ist eine geschmacklose Scheindebatte, in der es um Stimmungsmache gegen eine Religionsgemeinschaft geht."

Bürgermeister Klaus Luger im Interview

"Billige Stimmungsmache gegen Teil der Bevölkerung"

ÖSTERREICH: Die Linzer FPÖ ist auf die Kopftuch-Debatte aufgesprungen, stellt im Gemeinderat einen Antrag

Klaus Luger: Der Antrag ist völlig überbordend, ich habe dafür kein Verständnis. Abgesehen davon, dass er mit Sicherheit grundrechtswidrig ist - alleine die Forderung spricht für sich.

ÖSTERREICH: Inwieweit?

Luger: Der Antrag ist zwar aufgehängt am Kopftuch, aber er geht ja viel weiter: Jedes religiöse Symbol soll verbannt werden. Das trifft auch jemanden, der serbisch-orthodox ist und ein Kreuz trägt. Oder auch ein konkreter Fall: eine Tätowierung auf der Hand, eine Friedenstaube als Symbol für den Heiligen Geist. Soll er die künftig abkleben?

ÖSTERREICH: Sie haben also nichts gegen Religiöses im öffentlichen Dienst?

Luger: Ich lehne Stigmatisierung und Bevormundung durch und wegen Religion ebenso ab wie verordnete Freiheit von Religion. Für mich gilt aber: Wer einer anerkannten Religionsgemeinschaft angehört, hat das Recht, seinen Glauben auszuüben, egal, ob dazu ein Kopftuch oder eine Kippa gehört.

ÖSTERREICH: Wie viele Mitarbeiter würde ein Kopftuchverbot treffen?

Luger: Von 4.280 gerade einmal neun. Das zeigt, dass es um billige Stimmungsmache gegen einen Teil der Bevölkerung geht. Und das ist derzeit leider leicht und schnell machbar.


 

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