Beim Streit zweier Ungarn am Hauptbahnhof in Wien spielten sich vor den Augen mehrerer Zeugen und laufender Überwachungskamera unfassbare Szenen ab: Der Angreifer boxte elfmal auf den Kopf des Gegners, der danach mit dem Zug zum Flughafen Schwechat fuhr und in der Ankunftshalle verstarb.
Wien. Wegen Mordes an einem Landsmann wurde am Straflandesgericht gegen einen 55-jährigen Ungarn verhandelt: Der Angeklagte hatte dem Opfer am 7. April 2025 in einem Wartebereich am Hauptbahnhof zunächst im Sitzen, dann im Stehen elf wuchtige Faustschläge ins Gesicht versetzt, die sein Kontrahent nicht überlebte. Mehrere unmittelbar daneben sitzende Augenzeugen, die das Tatgeschehen mitbekamen, schritten nicht ein. Das Opfer wäre bei rascher ärztlicher Hilfe wohl zu retten gewesen.
- Lehrerin missbraucht - so groß ist die "Liesinger Gang"
- Nach 44.000-Euro-Strafe: Jetzt spricht August Wöginger
- Teichtmeister kommt in Psycho-Knast nach Wien
Der Angeklagte -der am Montag am Straflandesgericht in Wien neun Jahre Haft (nicht rechtskräftig) ausfasste - und das Opfer hatten sich wenige Tage vor der Tat bei einer Zugfahrt von Budapest nach Wien kennengelernt. Beide hatten keinen Unterstand und hielten sich am Hauptbahnhof auf. Am 7. April kam es zu einem Streit, wobei die beiden Obdachlosen schwer betrunken waren. Schließlich ging der Ältere mit Fäusten auf den anderen los.
Ehe die Aufnahme von der Überwachungskamera im Gerichtssaal mehrfach abgespielt wurde, warnte die Staatsanwältin die Geschworenen vor. Sie sei "erschüttert von der Brutalität" gewesen, als sie das Video im Ermittlungsverfahren erstmals zu sehen bekam: "Er drischt auf den Kopf des Opfers ein wie auf einen Boxsack."
Mindestens genauso entsetzt hätte sie die Reaktion der Menschen, die unmittelbar neben bzw. dem Angegriffenen gegenüber saßen, verriet die Staatsanwältin. Es gab nämlich keine. Nach dem elften Schlag entfernte sich der Angreifer. Der Attackierte hatte das Bewusstsein allerdings nicht verloren. Ungeachtet seiner schweren Verletzungen - er dürfte, wie später die Obduktion ergab, zwei Promille Alkohol im Blut gehabt haben - begab er sich mit einem Zug zum Flughafen. Am Morgen des 8. April wurde er dann in der Ankunftshalle im Terminal 3 reglos am Boden liegend aufgefunden. Der Ungar wurde mit einem Notarzthubschrauber in ein Wiener Spital geflogen und dort notoperiert. Das Leben des Mannes war allerdings nicht mehr zu retten.
"Ich habe etwas Böses getan, es tut mir wirklich leid", sagte der Angeklagte nun vor einem Schwurgericht. Zum inkriminierten Mord war der 55-Jährige nicht geständig. "Er wollte ihm ordentlich eine reintunken. Aber töten wollte er ihn nicht", stellte sein Verfahrenshelfer fest. Urteil demnächst.