Der Angeklagte verantwortete sich mit einem alkoholbedingten Blackout.
Sein Besuch der FPÖ-Abschlusskundgebung zur Präsidentenwahl am Viktor Adler-Markt ist einem 49-Jährigen teuer zu stehen gekommen: Weil er mit weit über zehn Spritzern mehrmals den Hitlergruß gezeigt sowie "Heil Hitler" und "Sieg Heil" gerufen hatte, wurde er am Montag wegen Wiederbetätigung am Straflandesgericht rechtskräftig zu 18 Monaten bedingt verurteilt.
"Alkohol löst die Zunge und lässt jemanden Dinge sagen, die in uns schlummern", meinte die Staatsanwältin. Die Vorsitzende des Geschworenengerichts, Sonja Weis, bemühte sich vergeblich, herauszufinden, welche Einstellung in dem Rauchfangkehrergehilfen beheimatet ist: "Ich kann auch aufstehen und Lalala schreien. Die wenigsten würden Heil Hitler rufen." Aber mehr als "mir is des egal" war nicht über die politische Haltung des Mannes zu erfahren.
"Mi hat des nie interessiert, was der Hitler gemacht hat"
Er würde auch SPÖ-Wahlveranstaltungen besuchen, erweckte der 49-Jährige den Eindruck, es wäre ihm im Mai diesen Jahres in Favoriten mehr um das Spektakel und den Alkohol als um Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer oder FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache gegangen. Nach seiner Darstellung hätte er ein völliges Blackout gehabt und könne sich an praktisch nichts mehr erinnern.
Politik sei ihm "wurscht" und danach gefragt, hat für ihn der Zweite Weltkrieg bereits 1944 geendet. Er finde nicht, dass die damalige Zeit "gut war". "Aber mi hat des nie interessiert, was der Hitler gemacht hat", sagte der 49-Jährige, der zuvor nicht durch rechtsextreme Handlungen aufgefallen ist. Auch mit Ausländern habe er nach eigener Darstellung kein Problem.
Nazi-Parolen gegrölt
Dennoch hatte ein Journalist den Angeklagten und seine Freundesrunde dabei gefilmt, als mehrmals Nazi-Parolen gegrölt wurden - auch von einem Freund des Rauchfangkehrers. Dieser wird sich übrigens in einem eigenen Verfahren verantworten müssen. Rund zehn Polizisten, die nur wenige Meter dahinter standen, griffen übrigens erst ein, als sie von dem Zeugen auf das Treiben aufmerksam gemacht wurden.
"War der Angeklagte alkoholisiert?", wollte die Richterin wissen. "Wenn er nicht auch sonst unter Gleichgewichtsstörungen leidet, schon", meinte der Journalist. Gelallt habe er bei seinen Äußerungen aber nicht. Dieser hingegen will sich an kaum etwas erinnern können, an die Vorwürfe schon gar nicht, diese habe er erst auf dem Video gesehen und sei entsetzt gewesen: "Ich hab mir gedacht 'Um Gottes Willen'. Es war ein riesengroßer Fehler und es tut mir sehr leid."
"Betrunkener Prolet"
Während die Staatsanwältin darauf hinwies, dass der Rauchfangkehrer sehr wohl gewusst habe, was er da tut, hatte dessen Pflichtverteidiger seine eigene Erklärung: "Wir haben es mit einem betrunkenen Proleten zu tun, der in Wirklichkeit gar keine politische Einstellung hat." Dieser nahm das Urteil ohne Zögern an.
Laut Weis sei das Geständnis mildernd zu werten gewesen, obwohl wegen des Videos hier auch wenig zu leugnen gewesen wäre. Erschwerend wären hingegen die mehrfachen Wiederholungen gewesen. Die bisherigen Vorstrafen seien nicht einschlägig und die zur Gänze auf drei Jahre Bewährung ausgesetzten 18 Monate bei einem Strafrahmen von ein bis zehn Jahren gerade noch angemessen.
Urteil rechtskräftig
Auch die Staatsanwältin konnte sich damit anfreunden und erklärte Rechtsmittelverzicht. Dennoch gab sie dem 49-Jährigen noch einen guten Rat mit auf den Weg: "Falls Sie in sozialen Netzwerken aktiv sind, seien Sie vorsichtig, was Sie bei Facebook posten."