Schützenhöfer bestätigte Rochaden in Regierungsteam – Polaschek folgt Faßmann.
Karl Nehammer ist am Freitag vom ÖVP-Bundesparteivorstand einstimmig zum neuen Parteichef und damit auch zum Bundeskanzler designiert worden. Das bestätigte der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer nach der Sitzung. Details zum neuen Regierungsteam werde Nehammer selbst in einer Pressekonferenz präsentieren. Schützenhöfer bestätigte auch die Ablöse von Bildungsminister Heinz Faßmann durch Uni-Graz-Rektor Martin Polaschek.
Eine Neuwahl des Nationalrats befand Schützenhöfer für nicht notwendig. Die Koalition werde zuversichtlich in die weitere Arbeit gehen, meinte er. Den Grünen müsse man nun "Luft zum Atmen geben", sagte der steirische Landeshauptmann. Die Vorstandssitzung sei sehr gut verlaufen, berichtete er außerdem. Man habe ja die Dinge bereits im Vorfeld klären können.
Der designierte Bundeskanzler und ÖVP-Bundesparteiobmann Karl Nehammer.
Der designierte Bundeskanzler und ÖVP-Bundesparteiobmann Karl Nehammer.
Der designierte Bundeskanzler und ÖVP-Bundesparteiobmann Karl Nehammer.
Nach dem Rückzug von Sebastian Kurz als Parteiobmann und dem Verzicht von Alexander Schallenberg auf das Kanzleramt hatten Freitag Früh um kurz vor acht Uhr in der Politischen Akademie der ÖVP die Beratungen über deren Nachfolge begonnen. Nach APA-Informationen haben sich die Landeshauptleute der ÖVP bereits am Donnerstag Abend über die Vorgangsweise abgestimmt. Gegen 9 Uhr traf der von allen Funktionen zurückgetretene Ex-Kanzler- und -Parteichef Sebastian Kurz per Auto ein, davor auch Nehammer und Staatssekretär Magnus Brunner, der laut ÖVP-Kreisen Finanzminister werden soll. Nehammers Nachfolger als Innenminister wird demnach der Zweite Landtagspräsident Niederösterreichs, Gerhard Karner.
Am Donnerstag hatte zunächst Kurz seinen Abschied aus der Politik angekündigt. Später stellte Schallenberg sein Amt zur Verfügung, auch Gernot Blümel gab seinen Rückzug als Finanzminister und Wiener ÖVP-Chef bekannt. In Medienberichten wurden zudem Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger und Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck als Ablösekandidatinnen genannt. Nach APA-Informationen dürften aber beide wie auch Integrationsministerin Susanne Raab im Amt bleiben.
Der Wechsel an der Parteispitze erfolgt jedenfalls aus einer Position der Schwäche heraus. In den Umfragen ist die Kanzlerpartei seit Bekanntwerden der Korruptionsvorwürfe gegen Kurz und seine engsten Mitarbeiter dramatisch abgestürzt. Im September lag sie noch stabil bei 34 bis 35 Prozent und gut zehn Punkte vor der zweitplatzierten SPÖ. Seit der Affäre und Kurz' Rücktritt als Kanzler am 9. Oktober liegt die ÖVP nur noch gleichauf mit oder sogar knapp hinter der SPÖ. OGM sah die Sozialdemokraten zuletzt mit 26 Prozent schon deutlich vor der Volkspartei (23 Prozent). Dahinter folgten die FPÖ mit 21 sowie NEOS und Grüne mit zwölf Prozent. Damit wäre mit Rot-Grün-Pink erstmals seit langem wieder eine Regierungsmehrheit ohne die ÖVP möglich.
Neu aufgestellt
Die ÖVP hat sich nach dem Rückzug von Sebastian Kurz neu aufgestellt: Der bisherige Innenminister Karl Nehammer wurde am Freitag vom Bundesparteivorstand als neuer Kanzler und ÖVP-Chef designiert. Im Innenministerium folgt ihm der Niederösterreicher Gerhard Karner nach, die Finanzagenden übernimmt der Vorarlberger und derzeitige Staatssekretär im Infrastrukturministerium, Magnus Brunner. Und der steirische Uni-Rektor Martin Polaschek löst Bildungsminister Heinz Faßmann ab.
Interims-Kanzler Alexander Schallenberg kehrt ins Außenministerium zurück. Als Staatssekretärin holt sich Nehammer die Bundeschefin der Jungen ÖVP, Claudia Plakolm, ins Bundeskanzleramt.
Die Angelobung des neuen Kanzlers mitsamt seiner erneuerten Regierungsmannschaft soll nach APA-Informationen Montagvormittag stattfinden. Die Grünen als Koalitionspartner der ÖVP hatten bereits klar gemacht, die Umbildung des ÖVP-Regierungsteams zu akzeptieren.
Nehammer betonte in der Pressekonferenz nach dem Bundesparteivorstand, dass es ihm eine "große Ehre" sei, "mit diesem Vertrauensvotum", das einstimmig ausgefallen sei, ausgestattet worden zu sein. Er bezeichnete es als "Privileg" die Volkspartei anführen zu dürfen. Zudem lobte Nehammer seinen Vorgänger Kurz, der als Bundesparteiobmann "unglaublich viel geleistet" habe. Während seiner Obmannschaft sei die ÖVP "wieder eine Volkspartei" geworden.
Kurz hatte zwei Monate nach dem Abgang als Bundeskanzler wegen laufender Korruptionsermittlungen am Donnerstag seinen völligen Rückzug aus der Politik angekündigt. Zudem ließ Schallenberg am Abend wissen, dass er als Kanzler abtritt, wenige Stunden später gab schließlich Finanzminister Gernot Blümel den Abschied aus der Politik bekannt.