In Maria Anzbach (Bezirk St. Pölten) lebt die 100-jährige Anna Buraner. Allein 100 Jahre alt zu werden, ist schon beeindruckend, aber Buraner ist noch dazu so fit, dass sie ihren Alltag ohne jegliche Hilfe meistert. In wenigen Tagen feiert sie ihren 101. Geburtstag.
"Ich stehe selbst auf, mache mir alles selbst. Ich brauche keine Hilfe, noch nicht“, sagt Anna Buraner und lacht. Sie sitzt in einem gemütlichen Fernsehsessel. Weiße Weste mit Blumenmuster, Lippenstift, sie trägt eine goldfarbene Kette und Ringe.
Seit zwei Jahren lebt Anna Buraner im Seniorenwohnen St. Louise der Barmherzigen Schwestern in Maria Anzbach. Wichtig zu sagen aber: In diesem Wohnkonzept gibt es keine Pflege. Die Bewohnerinnen und Bewohnern führen ein eigenständiges Leben in ihren Zimmern und teilen sich Gemeinschaftsräume.
"Ich war immer quirlig"
Buraner richtete ihr Zimmer sehr persönlich ein. Selbstgebastelte Weihnachtsdekoration, ein Foto ihrer Mutter, geboren in den 1890er-Jahren, Fotos von ihren beiden Schwestern, die beide über 90 Jahre alt wurden. „Natürlich sind es auch Gene, aber ich habe mich immer bewegt. Ich war immer quirlig. Das ist mein Naturell“, erzählt sie noe.ORF.at.
Als Anna Buraner im Dezember 1924 geboren wird, zahlt man in der Ersten Republik noch mit Kronen. Der Schilling wird erst 1925 eingeführt. In ihrem Geburtsjahr kann man in Österreich erstmals Radio hören und bislang hat sie 29 Bundeskanzler erlebt.
„Ich könnte drei Bücher schreiben, aber jetzt bin ich mit den Erinnerungen sehr viel in der Kindheit“, schildert sie, „ich bin in Amstetten geboren, unsere Straßen waren nicht asphaltiert, das war alles Sand. Wir sind den ganzen Sommer barfuß gegangen als Kinder, wir hatten nur eine Schürze an.“
Flucht vor den russischen Truppen
Sie habe immer Glück in ihrem Leben gehabt, sagt sie mit Blick auf die Kriegsjahre, die sie als Jugendliche erlebt. „Wir sind ausgebombt worden. Wir haben alles verloren. 1945, am 8. Mai, haben wir in einer Villa ein Zimmer gehabt und in der Mansarde hat die SS gewohnt. Die sind runtergekommen und haben gesagt, ihr müsst gehen, die Russen kommen.“
Zu Fuß flüchtete sie mit ihrer Schwester 60 Kilometer bis nach Linz-Urfahr. „Wir haben am Trottoir geschlafen, weil wir bis 3.00 Uhr gegangen sind und in der Früh kommen wir bei den Verwandten an und der Onkel sagt: Wir nehmen euch nicht.“ Eine dramatische Geschichte, die Buraner aber mit einem Lachen abschließt: „Es ist ja alles gut ausgegangen, jetzt passt ja alles.“
Optimismus zählt
Optimismus und eine positive Grundeinstellung ziehen sich durch das Leben der 100-Jährigen. „Ich glaube daran, dass das Leben vorgeschrieben ist. Ich habe alles genommen, wie es gekommen ist, sonst wird man nicht so alt.“ Ihr Leben führt sie nach dem Krieg nach England und mehrere Jahre in die Schweiz. „Es war so abwechslungsreich. Unglaublich eigentlich, wo ich überall war.“
Sie arbeitete unter anderem als Haushälterin und in einem Geschäft für Motorroller. Seit 41 Jahren ist sie in Pension. Bis zum 99. Geburtstag lebte sie alleine in einer Wohnung. Im Vorjahr überstand sie eine Grippeerkrankung und auch darüber spricht sie mit einem Lächeln im Gesicht. Alles halb so wild.
Sich immer fit halten
Buraner knüpft gerne Kontakte. Einsamkeit im Alter ist für sie kein Thema: „Ich rede im Seniorenwohnen eigentlich mit jedem. Die Menschen sollen aufeinander zugehen und mit dem Herzen fühlen, dass alles gut wird und nicht immer nur das Miserable und das Schlechte sehen.“ Je länger man ihr zuhört, desto mehr bekommt man den Eindruck, der Alltag einer 100-Jährigen sei nie mühsam. In wenigen Tagen feiert sie ihren 101. Geburtstag.