Eltern arrangierten für 17-Jährigen Verlobung mit 13-Jähriger.
Zu fünf Jahren Haft wegen Beitrags zum schweren sexuellen Missbrauch von Unmündigen ist am Landesgericht Korneuburg am Dienstag ein bosnisch-stämmiges Ehepaar verurteilt worden, das für seinen geistig schwer beeinträchtigten Sohn in seiner Heimat eine Verlobung mit einer 13-Jährigen arrangiert und das Mädchen dem 17-Jährigen hier in seinem Haus in Niederösterreich zugeführt hatte. Die Verteidigung nahm Bedenkzeit, die Staatsanwältin gab keinen Kommentar ab. Das Urteil ist somit nicht rechtskräftig.
Auch wenn das Paar gemeinsam seit 26 Jahren und die Frau seit 40 Jahren in Österreich lebt: "Wir sind eine Roma-Familie, bei uns ist das ganz normal", erklärte die Beschuldigte zur Organisation einer Heirat. Dies geschah wohl auch mit dem Hintergedanken, den aufgrund eines genetischen Defekts behinderten Sohn einst von einer Frau versorgt zu wissen. Aber bei allem Verständnis für die schwierige Situation zeigte Richter Helmut Neumar im Lauf der Befragung mehrmals auf, dass es sich beim Opfer um ein Kind gehandelt hatte und die Eltern Schuld daran hatten, dass es zum Geschlechtsverkehr gekommen sei.
Er habe nicht gewusst, dass er mit diesem Arrangement österreichisches Recht verletze. Das beteuerte sowohl der Mann (44) als auch seine gleichaltrige Ehefrau, beide bekannten sich schuldig. Es wäre ihrer beider Pflicht gewesen, sich zu erkundigen, betonte Richter Helmut Neumar unter Hinweis darauf, dass das Ehepaar Deutsch spreche und sehr wohl fähig war, in Österreich Behördenwege zu erledigen. Und weiter: Man wisse ja auch, dass man zum Beispiel nicht einbrechen darf.
Direkt auf "Brautschau" wollten sie im Sommer 2011 nicht in ihre Heimat gefahren sein - das habe sich in Gesprächen ergeben. Für die in ärmlichsten Verhältnissen lebende 13-Jährige seien die Angeklagten "feine Leute" gewesen, meinte Neumar, als die Beschuldigte erzählte, das Mädchen habe sie angebettelt, mit nach Österreich zu dürfen.
Die Eltern hätten dem schwer beeinträchtigten 17-Jährigen, der ständige Betreuung braucht und von ihnen als "sehr lieb und fröhlich", aber auf dem geistigen Stand eines Dreijährigen beschrieben wurde, ein gemeinsames Schlafzimmer mit dem Mädchen zur Verfügung gestellt, warf ihnen die Staatsanwältin vor. Dass es minderjährig war, sei ihnen bewusst gewesen - in Bosnien ging man sogar zum Notar, um eine Vollmacht für die Ausreise zu erhalten. Nach drei Monaten - wohl wegen des Aufenthalts - war vereinbart, das Mädchen zurückzubringen. Zuvor war die Frau allerdings noch mit der 13-Jährigen bei einem (mittlerweile verstorbenen) Gynäkologen: Die Minderjährige war in der sechsten Woche schwanger - und brachte das Kind dann in ihrer Heimat zur Welt.
Der Angeklagte räumte ein, dass das "Geldgeschenk" - umgerechnet 2.500 Euro - an die Brauteltern, das er zunächst mit "wir sind Roma, wir helfen einander" erklärt hatte, der Preis für das Arrangement war. Sein Sohn sei verliebt gewesen, und er habe sich gefreut, dass er glücklich war, meinte der 44-Jährige. Seine Frau hatte nicht damit gerechnet, dass die 13-Jährige "so schnell" schwanger werden könnte. Zur Anzeige kam die Causa, nachdem die Eltern ihre Tochter als vermisst gemeldet hatten.
Wie der Richter zum Schuldspruch des Schöffensenats ausführte, waren der ordentliche Lebenswandel und das Geständnis der beiden 44-Jährigen mildernd. Auch müsse man ihnen zugestehen, das Beste für ihr Kind zu wollen. Auf der anderen Seite stehe aber das Opfer - eine 13-Jährige, die unter Ausnutzung ihrer Armut nach Österreich gebracht und vom 17-Jährigen schwanger wurde.
Der Beitrag zum sexuellen Missbrauch sei massiv und vor allem kausal gewesen - ohne Hilfe der Eltern wäre das alles nicht passiert. Fünf Jahren seien das Mindeststrafausmaß. Außerordentliche Milderungsgründen seien nicht möglich gewesen - auch aus generalpräventiven Gründen, so Neumar. Man könne anderer sozialer oder ethnischer Herkunft sein, aber wenn man sein Leben in Österreich verbringe, müsse man sich irgendwann auch anpassen.