Die Polizei hat in den vergangenen Tagen in Niederösterreich und Wien 15 Schlepper festgenommen, die über 700 Flüchtlinge illegal von der serbisch-ungarischen Grenze nach Österreich transportiert haben sollen.
Pro Person wurden laut Exekutive zwischen 4.000 und 5.000 Euro verlangt. Die Schlepper sollen insgesamt mehr als 2,5 Millionen Euro verdient haben. "Bei allen Anhaltungen kam es zu Fluchtversuchen der Lenker", teilte die niederösterreichische Polizei per Aussendung mit.
Das Landeskriminalamt Niederösterreich führte seit Oktober Ermittlungen gegen eine kriminelle Vereinigung, die immer wieder syrische, libanesische und ägyptische Migranten von der ungarisch-serbischen Grenze nach Österreich schleppte. Die Fahrzeuge wurden in Österreich und Ungarn gekauft und in Ungarn zum Verkehr zugelassen.
Die Schlepperroute führte von Ungarn über die Slowakei und Tschechien über Grenzübergänge im Bezirk Mistelbach nach Österreich. Die Migranten wurden im Norden von Wien abgesetzt. Ab Mitte November wurden bei verstärkten Schwerpunktaktionen verdächtige Fahrzeuge kontrolliert. Dabei wurden bisher insgesamt 15 Schlepper direkt nach dem Grenzübertritt, im Bezirk Korneuburg und in einem Hotel in Wien festgenommen, teilte die Polizei mit. Sie wurden in die Justizanstalt Korneuburg gebracht. Die Organisatoren der Gruppierung sollen von Wien aus agieren.
"Der Kampf gegen Schlepperei ist vor allem der Kampf gegen die organisierte Kriminalität", betonte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP). Heuer wurden bundesweit bereits mehr als 337 Schlepper festgenommen, 2020 waren es 311. "Schlepperei ist nicht nur einer der größten Zweige der organisierten Kriminalität, sondern vor allem ein zutiefst menschenverachtender. International agierende kriminelle Netzwerke machen mit dem Leid der Menschen Geschäfte." Betroffene zahlen oft tausende Euro und nehmen Lebensgefahr auf sich, "um dann festzustellen, dass sie kein Bleiberecht erhalten", sagte Nehammer.
In Pkw und Vans wurden pro Fahrt zwölf bzw. 15 Personen geschleppt, teilte die Polizei nach den Festnahmen mit. Die Scheiben im hinteren Bereich der gestoppten Kfz waren blickdicht besprüht und die hinteren Sitzbänke ausgebaut. "Bei einigen Fahrzeugen waren aufgrund des Gewichts des Transports die Stoßdämpfer mit zusätzlichen Eisentraversen verstärkt", hieß es von der Polizei. Als Zielland nannten die Flüchtlinge in ihren Einvernahmen Deutschland. Geplant war den Angaben zufolge eine Weiterfahrt mit dem Zug oder die Abholung durch Verwandte aus dem Nachbarland.
Die Schlepper wurden in ihren Heimatländern - Moldawien, Ukraine, Usbekistan und Polen - über soziale Medien durch Anzeigen angeworben. "Wer sucht Arbeit als Fahrer, zwischen 2.000 und 3.000 Euro im Monat als Verdienst, Auto und Telefon wird zur Verfügung gestellt", lauteten die Aufrufe.
Am 16. November waren der Polizei zufolge insgesamt 25 Schlepperfahrzeuge dieser Gruppierung mit rund 200 bis 300 Personen zeitgleich von der serbisch-ungarischen Grenze nach Österreich unterwegs. 14 Fahrzeuge wurden angehalten und - ebenso wie Handys der Chauffeure und mehrere tausend Euro an Bargeld - sichergestellt. Die Beschuldigten waren laut Exekutive "äußerst skrupellos". Ein Lenker konnte erst nach einer Verfolgung durch die Polizei angehalten werden, ein anderer Chauffeur verursachte auf der Flucht vor den Beamten einen Verkehrsunfall. Vergangenen Donnerstag wurde ein Schlepper gefasst, der sowohl in Ungarn als auch im Bezirk Korneuburg vor einer Kontrolle davongefahren war.
"Aufgrund der hohen Aktivitäten der Schlepper am Balkan kommt es immer wieder zu sehr gefährlichen Aktionen für die Migrantinnen und Migranten. Teilweise müssen sie stundenlang zusammengepfercht in Transportern mit wenig Luft ausharren. Noch immer sind mehr als 50.000 Migranten am Balkan anwesend, wobei in großer Teil in andere Zielländer möchte", sagte Gerald Tatzgern, Leiter des Büros für Schleppereibekämpfung im Bundeskriminalamt.