Marcel F. soll seine Ehefrau ertränkt und erwürgt haben. Danach legte er zwei Wochen lang falsche Spuren. Lesen Sie das Psychogramm eines mutmaßlichen Mörders.
Erkennt man einen Mörder? Im Interview am 7. September ist Marcel F. (23), der die eigene Ehefrau am 30. August ermordet haben soll, ruhig. Er spricht gewählt, die Sätze klingen melodisch.
Zu diesem Zeitpunkt gilt er in der Öffentlichkeit noch als unschuldig, noch mimt er den sorgenvollen Ehemann. Im Licht der Wahrheit klingt zynisch, was er sagt. „Ich weiß wirklich nicht, wo Martina steckt. Aber ich glaube nicht, dass ihr etwas zugestoßen ist, vermutlich amüsiert sie sich irgendwo.“
Am Mittwoch wird der Körper der 26-jährigen Mutter von zwei Kindern von einem Forstarbeiter aus der Ybbs bei Amstetten gezogen, an ihrem Hals sind tiefe Würgemale, auf ihr Gesicht wurde massiv eingeschlagen, ihr Oberkörper ist übersät mit Hämatomen. Ihr Mörder hat sich an dem Körper so ausgetobt, dass die Polizei den Eltern später sagen muss: „Ihr werdet sie nicht erkennen.“ Sie wurde nicht nur erwürgt, sondern auch ertränkt. Der brutale Mörder soll ihr Ehemann sein, Marcel F. Jener Mann, der sogar die Vermisstenanzeige aufgab, der öffentlich einen anderen verdächtigte und der sogar noch an eine bereits Tote appellierte: „Martina, komm zurück, alles wird gut.“
Sorgerecht
Der beiden Kinder wegen, Samantha-Joy und
Kevin-Marcel, hätte er die Tat begangen, sagt Marcel im Polizei-Verhör. Es
ging um das Sorgerecht, das Marcel wollte und das Martina ihm nicht gab. In
seinem Geständnis gibt er an, keinen Plan gehabt zu haben, doch auf seinem
Internet-Profil schreibt er schon einen Monat davor: „Suche neue Mami für
meine Kids. Bitte schreibt mir.“
Niemand traut Marcel den eiskalten Mord zu, nicht einmal Martinas Eltern. „Nie hätte ich gedacht, dass er dazu fähig sein soll, niemals“, ist Monika M., Martinas Mutter, schockiert.
Am Donnerstag hat ihr Schwiegersohn ein Geständnis abgelegt. Kleinlaut und beschämt, erzählt die Polizei.
Zwei Wochen davor sei der als so liebevoll und ruhig beschriebene Sohn des Vizebürgermeisters von Gröbming in der Steiermark ausgerastet und hätte seine Frau getötet.
Versteckspiel
Dann hätte das Versteckspiel begonnen. Am Sonntag,
dem 30. August, jenem Tag, an dem Martina verschwindet, schreibt Marcel F.
um 5.38 Uhr eine SMS an seine Schwiegermutter Monika: „Mach dir keine
Sorgen, hab zu Hause geschlafen, fahre jetzt in die Steiermark und hole mein
Auto, bin am Nachmittag zurück.“ Doch er kommt erst Montag, gegen halb fünf
Uhr früh – ohne Erklärung. Fest steht, dass zu diesem Zeitpunkt die Leiche
seiner Frau bereits in der Ybbs liegt.
Die Tragödie hatte vor knapp fünf Jahren mit „der Liebe seines Lebens“ begonnen. Damals ist Marcel gerade 18 Jahre alt. In einem Lokal im Süden von St. Pölten begegnet er Martina, sie ist dort Kellnerin, schon nach wenigen Wochen sind sich die beiden Verliebten sicher: „Wir wollen heiraten, es ist für immer.“ Mit diesen Worten kommen sie in Martinas Elternhaus nach Bärndorf bei Tulln. „Wir haben uns schon gedacht, dass er noch ein bisschen jung ist, aber sie war so glücklich“, erinnert sich Monika M. (45), Martinas Mutter. Als die beiden heiraten, wölbt sich ein runder Babybauch unter dem Hochzeitskleid, Kevin wird wenige Wochen danach geboren. Martinas Eltern stellen der jungen Familie eine kleine Wohnung neben ihrem Haus zur Verfügung. Zwei Jahre danach kommt Samantha-Joy zur Welt, alles scheint perfekt.
Gefängnis
Doch Marcel ist plötzlich anders geworden. Hat
mehr Geld, komische Freunde rufen zu noch komischeren Zeiten an. Durch einen
Zufall kommt ihm die Polizei auf die Schliche: Marcel F. dealt mit Drogen.
Er wird verurteilt, geht für insgesamt 21 Monate ins Gefängnis. Als er am
18. Mai 2009 wieder in Freiheit ist, ist er nicht mehr wiederzuerkennen.
Wenig später muss er auch in der Nervenklinik in Mauer-Öhling behandelt
werden, Diagnose: Persönlichkeitsstörung.
Martina hat sich bereits getrennt, will es aber noch einmal mit ihm versuchen –wegen der Kinder. Doch der einst so besonnene Vater ist unkontrolliert und aggressiv geworden. Martinas Mutter ist fast immer Ohrenzeugin der Streitereien. „Aber ich konnte mich doch nicht in die Ehe meiner Tochter einmischen“, sagt sie heute. Marcel schlägt erstmals wirklich zu, Martina flüchtet zu einem Freund, Franz F. Dort bleibt sie drei Wochen, ehe sie plötzlich als vermisst gilt. Marcel damals: „Der Franz müsste doch wissen, wo sie ist, immerhin hat sie bei ihm gewohnt. Aber ich trau’ ihm nicht, er ist gewalttätig.“
Spuren
Eine Vermisstenanzeige gibt er auf, besonders engagiert
zeigt er sich bei der Suche nach seiner Frau aber nicht. Der Schwiegermutter
fällt erst jetzt wieder ein: „Er hat gesagt: Ich häng doch keine Bilder von
ihr auf, vielleicht auch noch dort, wo die Tasche gefunden wurde, dann sind
dort Spuren von mir und ich war’s dann auch gleich.“
Anfangs hatte sie dem keine Bedeutung zugemessen. Selbst die Polizei kann Marcel F. zuerst täuschen. Erst das Weg-Zeitdiagramm und ein Polizei-Trick entlarven ihn als mutmaßlichen Mörder. Die Polizei schildert Marcel F. als gestörten, kranken Mann. Wie krank, zeigt sein Internet-Eintrag, kurz bevor er die Tat angeblich begangen hat: „Ich bin der glücklichste Ehemann und Vater auf der Welt.“