Aktionsplan in NÖ

Schwarz-Blau fordert Kopftuchverbot für Mädchen

Mit einem umfassenden Gesetzespaket wollen ÖVP und FPÖ in Niederösterreich künftig entschlossener gegen den politischen Islam vorgehen. Während die Landesregierung von einem wichtigen Schritt spricht, warnen Experten vor pauschaler Stigmatisierung und die Opposition vor Symbolpolitik. 

Morgen fällt im Landtag Niederösterreich eine Entscheidung, die für Aufsehen sorgt: ÖVP und FPÖ machen ernst im Kampf gegen den radikalen Islam. Mit einem umfassenden Gesetzespaket will die Im schwarz-blauen Landesregierung Integration erzwingen. Wer sich weigert, bekommt es künftig nicht nur mit Erklärungen, sondern auch mit saftigen Strafen zu tun: Durch das Gesetzespaket können Integrationsverweigerer in Zukunft mit bis zu 2.500 Euro bestraft werden – etwa, wenn das verpflichtende Elterngespräch im Kindergarten nicht wahrgenommen wird. "Mit dem Aktionsplan gegen den radikalen Islam sind wir einmal mehr Vorreiter unter den Bundesländern. Wir schieben frühzeitig negativen Entwicklungen einen Riegel vor", sagt VPNÖ-Klubobmann Jochen Danninger im Vorfeld der Landtagssitzung. 

Forderungen an den Bund

Die beiden Regierungsparteien fordern aber auch über einen Resolutionsantrag den Bund zum Handeln auf. Es reiche nicht, nur in Niederösterreich konsequent durchzugreifen. Ganz oben auf der Wunschliste: Ein bundesweites Kopftuchverbot für Mädchen, mehr Zwang zur Mitwirkung der Eltern in den Schulen und zusätzliche Angebote gegen Extremismus. "Wir fordern eine weltanschaulich neutrale Schulaufsicht, Ausbau der Extremismusprävention im Lehrplan, Vermittlung österreichischer Werte wie Nikolo oder Advent sowie Sicherstellung der Unterrichts- und Pausensprache Deutsch sowie Freiwilligkeit, Auswahlvielfalt und Tierschutz beim Schulessen inklusive Ablehnung von Halal-Schlachtungen“, so FPÖ-Bildungssprecher Michael Sommer.

Was wirklich geändert wird – und was nicht

Tatsächlich ändern sich vorerst hauptsächlich die Regeln in den Kindergärten: Hausordnungen können verschärft werden, die Elternmitwirkung wird Pflicht, und wer sich nicht daran hält, muss zahlen. Neu eingeführt wird auch ein Verschleierungsverbot für Landesbedienstete – obwohl es bisher keinen einzigen Fall gibt. Auch die Landesverfassung wird erweitert. Betroffen ist der Artikel zu den Punkten "Kultur, Wissenschaft, Bildung" sollen "Werte und Traditionen“ dazukommen. Ergänzt werden sollen auch die Grundwerte "Humanität, Solidarität, Gerechtigkeit und Toleranz“.  Eine Beobachtungsstelle für radikalen Islam soll noch kommen, ist aber noch in Arbeit.

Nicht beschließen kann der Landtag ein Kopftuchverbot für Mädchen bis zu einem Alter von zehn Jahren. Deswegen fordern ÖVP und FPÖ von der Bundesregierung ein entsprechendes Verfassungsgesetz. Der große Hebel, um extremistische Entwicklungen zu stoppen, liegt laut Experten ohnehin auf Bundes- und Europaebene – etwa bei der Kontrolle von Internetplattformen. Niederösterreich sendet aber ein klares Signal: Null Toleranz gegenüber Radikalismus. 

Experten kritisieren Maßnahmen

Nicht alle Experten sehen die neuen Gesetze so positiv. Der Soziologe Kenan Güngör gegenüber dem ORF: Viele Maßnahmen treffen nicht die Wurzel des Problems, sondern könnten Muslime pauschal stigmatisieren. Dadurch würde man bereits integrierte Muslime verlieren. Auch Lisa Fellhofer von der Dokumentationsstelle Politischer Islam mahnt: "Es darf nie eine ganze Religion unter Verdacht gestellt werden.“ Beide Fachleute weisen darauf hin, dass viele Herausforderungen – wie Radikalisierung im Internet – gar nicht auf Landesebene gelöst werden können. Zudem wird bemängelt, dass manche Gesetze – wie etwa das Verschleierungsverbot im Landesdienst – ohne konkreten Anlassfall beschlossen werden. 

VPNÖ-Landesgeschäftsführer Matthias Zauner kann der Argumentation der Experten nichts abgewinnen. "Ich erachte es als eine infame These, dass klare Regeln dazu führen sollen, dass sich integrierte Muslime von unserer Gesellschaft abwenden würden. Die Realität ist doch: Andere Religionen, wie etwa Christentum oder Buddhismus, fallen nicht durch radikale Exzesse auf, die unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden, sondern die Probleme treten immer in Verbindung mit dem radikalen Islam auf", so Zauner.

Opposition sieht "Showpolitik "

Von der Opposition wird nur eine von fünf geplanten Änderungen - jene in puncto Kindergärten - positiv bewertet. Der restliche Aktionsplan der schwarz-blauen Landesregierung gegen den radikalen Islam "geht an der Realität vorbei", kritisierte die Grüne Klubobfrau und Landessprecherin Helga Krismer. Auch Neos-Fraktionsobfrau und Landesparteivorsitzende Indra Collini ortete "Populismus" und "Showpolitik": Das Problem werde groß gemacht, anstatt an vernünftigen Lösungen zu arbeiten. So gebe es bereits bundesgesetzliche Regelungen, etwa in Bezug auf das geplante Verhüllungsverbot im Landesdienst.

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