Seit nunmehr 15 Jahren begleitet die Stadtarchäologie St. Pölten die Verlegung von Ver- und Entsorgungsleitungen in der Innenstadt. Immer wieder treten dabei faszinierende Funde zu Tage.
In der St. Pöltner Klostergasse machte das Team der Stadtarchäologie bei aktuellen Arbeiten einen außergewöhnlichen Fund. Bereits im ersten von der Baufirma Jäger gegrabenen Kopfloch kamen mehrere Marmorbrocken zum Vorschein. Ein größerer Block wurde geborgen und ins Stadtmuseum gebracht. Nach der Reinigung durch Restauratorin Ursula Egger stellte sich heraus, dass es sich um den Teil einer römischen Grabplatte handelt.
Die sichtbare Zierleiste zeigt eine Weinranke und zwei Rosetten am linken Abschluss. Die Oberfläche des Inschriftfeldes ist stark verwittert, Buchstaben sind keine mehr zu erkennen. Nach Angaben der Stadtarchäologie sind aus Aelium Cetium bisher nur sehr wenige Steindenkmäler bekannt. Jeder neu entdeckte Stein trägt somit wesentlich zur Erweiterung des Wissens über die Ausstattung und Qualität der römischen Stadt und ihrer Gräberfelder bei.
Aus dem Boden der Geschichte
Auch in der Wiener Straße entdeckte die Stadtarchäologie im Zuge aktueller Arbeiten mehrere bedeutende Relikte. Neben einem frühen Kanalabschnitt wurde eine knapp einen Meter hohe römische Mauer freigelegt. Sichtbar sind das Schotterfundament, zwei Mauerschalen sowie die Füllung dazwischen. Die Mauer bildet die nördliche Außenwand eines Gebäudes, das an eine zentrale Ost-West-Straße grenzte. Dessen Funktion ist bislang nicht bekannt.
In der Wiener Straße wurde eine römische Mauer gefunden.
Aufgrund der Grabungen am Gelände der Synagoge 2022/2023 war bekannt, dass sich das ehemals hier befindliche Fabriksgebäude der 1786 gegründeten Kattunfabrik in den heutigen Straßenbereich erstreckt. Nach der Übernahme durch die Waffenfabrik Gasser 1870 wurde der jüdischen Gemeinde ein Teil des Gebäudes für die Errichtung einer Synagoge zur Verfügung gestellt. Der Synagoge vorgelagert war ein Nebengebäude mit der Wohnung des Tempeldieners. Nach dem maschinellen Abhub der bestehenden Straßenoberfläche kamen noch die Mauerreste des Fabrikgebäudes und des erwähnten Nebengebäudes zum Vorschein.
Archäologie begleitet laufende Arbeiten
Seit 15 Jahren begleitet die Stadtarchäologie St. Pölten unter der Leitung von Ronald Risy Arbeiten im innerstädtischen Bereich. In enger Abstimmung mit den ausführenden Firmen passt sich das Team flexibel an den Baufortschritt an. Auch derzeit sind die Archäolog:innen wieder im Einsatz – in der Klostergasse, der Wiener Straße sowie an der Dr.-Karl-Renner-Promenade. Alle Funde werden entsprechend den Vorgaben des Bundesdenkmalamts dokumentiert und tragen dazu bei, die Geschichte St. Pöltens Schicht für Schicht sichtbar zu machen.