Knalleffekt im Drama um Leo S.: Der Österreicher plädiert auf „nicht schuldig“. ÖSTERREICH-Exklusiv-Interview mit dem Schüler.
Sarasota. Dieser Fall hält Österreich in Atem: In der Nacht auf Dienstag wurde Leo S. in Venice (Florida) verhaftet, nachdem er mit seiner erst 15-jährigen Freundin Amanda intim geworden war – ein Verbrechen in diesem US-Bundesstaat.
ÖSTERREICH-Reporter Herbert Bauernebel reiste sofort nach der Verhaftung nach Florida. Im Gefängnis von Sarasota traf er jetzt einen traumatisierten 18-Jährigen. Leo S. redete leise, seine Augen bewegten sich ängstlich hin und her – er will wohl seine Zellengenossen, die ihn schlagen und bedrohen (siehe Interview), im Auge behalten.
Vor Gericht plädiert der HTL-Absolvent auf nicht schuldig. Verantwortlich dafür ist Pflichtverteidiger Gino Lombardi. Aber die Situation ist konfus: Leo S. weiß davon eigentlich nichts, wie er im Interview erzählt.
Offiziell verlangt der Oberösterreicher jetzt ein „trial by jury“, also eine Gerichtsverhandlung vor Geschworenen. Auf einen sogenannten „plea deal“ verzichtet er damit. Solch ein Schuldeingeständnis hätte Leo S. ohne langes Verfahren eine geringere Strafe bescheren können.
In Österreich hätte ihnen keine Strafe gedroht
Vorwurf. Vorgeworfen wird dem Teenager „lewd or lascivious molestation“ – anstößiges Verhalten. Als 18-Jähriger hätte er seiner 15-jährigen Freundin in Florida nicht zu nahe kommen dürfen.
Verliebt hatten sich die beiden schon vor mehr als zehn Monaten über eine Online-Plattform. Psychische Probleme würden die beiden laut Leos Vater verbinden. „Mein Sohn wollte kein schnelles Abenteuer, es ging auch nicht um Sex. Die beiden sind wirklich verliebt“, erklärte er gegenüber ÖSTERREICH.
Strafe. Leos Eltern ließen ihren Sohn erst nach Vorlage einer Geburtsurkunde seiner Freundin fliegen. Laut der war Amanda S. aber Jahrgang 2001. Jetzt drohen 15 Jahre Haft und 10.000 Dollar Strafe. Für 200.000 Dollar Kaution könnte Leo S. das Gefängnis verlassen, während er auf den Prozess wartet.
Leo S.: "Werde im Gefängnis bedroht"
ÖSTERREICH: Wie geht es Ihnen? Sie haben ein blaues Auge.
Leo S.: Das sieht schlimmer aus, als es ist. Ich habe nur mehr wenige Schmerzen.
ÖSTERREICH: Was ist denn passiert?
Leo S.: Ich wurde mit jemand anderem zusammengesperrt. Der war ziemlich verrückt. Ich bin eingeschlafen und als ich aufwachte, spürte ich schreckliche Schmerzen. Und ich sah, dass meine Hand voller Blut war. Der Typ hat mir offenbar im Schlaf ins Gesicht geschlagen.
ÖSTERREICH: Wurden Sie ärztlich versorgt?
Leo S.: Ja, man brachte mich in die Krankenstation und ich wurde verarztet. Dort habe ich auch erfahren, dass man mich in den Flügel mit den ganzen Wahnsinnigen eingesperrt hat.
ÖSTERREICH: Wie sind Ihre Haftbedingungen jetzt?
Leo S.: Ein wenig besser. Ich bin in einer Zelle mit mehreren Personen. Aber man muss hier sehr vorsichtig sein. Es gab zuletzt einen Streit um eine Suppe und ich wurde bedroht. Ein paar Häftlinge haben angedeutet, dass sie mit mir ein wenig herumspielen wollen.
ÖSTERREICH: Hatten Sie schon Kontakt mit Ihren Eltern?
Leo S.: Nein. Sie haben versucht, über ein Video-Telefonat mit mir zu reden. Aber das geht aus Übersee nicht. Am Donnerstag hat mich jemand vom österreichischen Konsulat hier besucht.
ÖSTERREICH: Pflichtverteidiger Gino Lombardi hat in einer Gerichtseingabe festgehalten, dass Sie sich „nicht schuldig“ bekennen. Wissen Sie davon?
Leo S.: Nein. Doch, warten Sie, jemand hat mich in der Nacht angerufen, aber ich war so schlaftrunken, ich kann mich kaum erinnern.
ÖSTERREICH: Was ist nach Ihrer Festnahme passiert?
Leo S.: Die Einvernahme durch die Polizei war intensiv, Furcht einflößend. Vier Stunden dauerte das alles. Dann redeten die so schnell, dass ich das meiste nicht verstanden hatte.
ÖSTERREICH: War ein Anwalt dabei?
Leo S.: Nein.
ÖSTERREICH: Wurden Sie über Ihre Rechte aufgeklärt?
Leo S.: Ja schon, mir wurden die „Miranda-Rechte“ vorgelesen, aber explizit habe ich nie gesagt, dass ich auf einen Anwalt verzichte.
ÖSTERREICH: Haben die Polizisten Sie und Ihre Freundin gegeneinander ausgespielt?
Leo S.: Das kam mir schon so vor…
ÖSTERREICH: In Ihrer Heimat ist man voll auf Ihrer Seite, es gibt eine Welle der Sympathie und Spendenaktionen.
Leo S.: Dafür bin ich sehr dankbar. Ich hoffe, dass dieser Albtraum bald vorüber ist.
Polizei: "Mutter fand Sex-Bilder auf Handy der Tochter"
ÖSTERREICH: Wie wurden Sie auf den Fall aufmerksam?
Sergeant Gerardo Carrillo: Es gab Bilder, sexueller Natur, die die Mutter auf dem Handy ihrer Tochter fand.
ÖSTERREICH: Und wie haben Sie Leo S. gefunden?
Carrillo: Der Vermieter hat das Büro des Sheriffs verständigt. Der Mann (Anm.: der Österreicher Leo S.) hatte sich ihm gegenüber verdächtig geäußert.
ÖSTERREICH: Und warum wurde er dann verhaftet?
Carrillo: Wir haben mit beiden gesprochen und aufgrund ihrer Aussagen entschieden, das genug gegen ihn vorliegt, um ihn zu verhaften.
ÖSTERREICH: Warum ist die Kaution so hoch?
Carrillo: Standardmäßig sind für derartige Verbrechen 7.500 Dollar vorgesehen. Ein Richter kann das dann ändern und in diesem Fall hat er auf 200.000 Dollar erhöht.
ÖSTERREICH: Was droht jetzt?
Carrillo: Wir ermitteln wegen weiterer Verbrechen. Es ist wahrscheinlich, dass weitere Anklagepunkte hinzukommen. Die Lage ist sehr ernst.