Nach Besetzung

ÖBB-Kraftwerk vorläufig auf Eis gelegt

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Nachdenkpause zu umstrittenem ÖBB-Kraftwerkprojekt in Vorarlberg.

Das heftig umstrittene Projekt rund um den geplanten Ausbau des ÖBB-Kraftwerks Spullersee in Vorarlberg wird vorerst auf Eis gelegt. Darauf haben sich am Dienstag beide Seiten - sowohl die ÖBB als auch die Obleute der vom Vorhaben betroffenen Alm-bzw. Agrargemeinschaften - geeinigt. Man werde eine "Nachdenkpause" einlegen, während der sowohl das Wasserrechts- als auch das Naturschutzverfahren ruhend gestellt werden, hieß es nach der Sitzung im Vorarlberger Landhaus. Die Umweltschutzorganisationen Greenpeace und WWF brachen daraufhin ihre laufenden Aktionen ab.

Enteignung von Bauern
Zur Umsetzung des Vorhabens stand bis jetzt auch die Enteignung von rund 110 Vorarlberger Bergbauern im Raum, die ihre Wasserrechte nicht abtreten wollen. Vorarlbergs Umwelt-Landesrat Erich Schwärzler (V), der die Sitzung moderierte, sprach von "berechtigten Anliegen" auf beiden Seiten. Während die ÖBB die Rentabilität des Spullersee-Kraftwerks steigern wollten, hätten die Bauern, die die Almen bewirtschaften, Sorgen um das Wasser. Persönlich lehne er die Enteignung von Wasser ab. "Eine solche hat es in Vorarlberg noch nie gegeben", betonte Schwärzler. Mit der Ruhendstellung der Verfahren sei dieses "Damoklesschwert" aber nun beseitigt worden.

Nachdenkpause
Vonseiten der ÖBB erklärte Johann Pluy, Leiter des Geschäftsbereichs Kraftwerke der ÖBB-Infrastruktur Bau AG, dass man versuchen wolle, "den Bauern auf Augenhöhe ein modifiziertes Angebot zu legen". Bezüglich des Zeitrahmens der Nachdenkpause sagte Pluy, dass man wohl in den nächsten sechs bis zwölf Monaten zu einer Lösung kommen müsse.

Josef Nessler und Hans Küng, die Obleute der Alpgemeinschaft Pazüel-Tritt und der Agrargemeinschaft Alpe Zürs, zeigten sich wenig optimistisch, mit den ÖBB eine Einigung zu erzielen. "Die Mitglieder werden schlecht umzustimmen sein", sagte Nessler. Ein Nein müsse akzeptiert werden. Dabei seien nicht die Finanzen der Streitpunkt. "Es sollen auch unsere Nachkommen noch über das Wasser bestimmen können", betonte Nessler. Nessler und Küng erklärten, sie seien diesbezüglich auch an Vollversammlungsbeschlüsse ihrer Gemeinschaften gebunden.

Zufriedene Umweltschützer
Greenpeace und WWF zeigten sich nach der Sitzung in Bregenz sehr zufrieden. "Damit ist das Projekt gestorben", sagte Christoph Walder, Flussexperte des WWF. Niklas Schinerl von Greenpeace betonte ebenfalls, die Ruhendstellung der Verfahren sei ein Erfolg. Die Besetzung des Foyers eines Bürogebäudes in Wien-Favoriten, das unter anderem Teile der ÖBB beherbergt, wurde umgehend abgebrochen. Dort waren seit Montag Aktivisten an Ort und Stelle, die Kartoffeln und Salate anpflanzten und auf dem Dach des Gebäudes ein Banner anbrachten.

Während die ÖBB den beabsichtigten Ausbau des Spullerseekraftwerks als Beitrag zum Klimaschutz sehen, befürchten Umweltschutzorganisationen einen großen Eingriff in das Ökosystem des Lech-Flusses. Werden die Pläne ausgeführt, dann landen Greenpeace zufolge 24 Millionen Kubikmeter Wasser nicht mehr im Lech, sondern fließen zukünftig stattdessen über das Kraftwerk in den Rhein. Die ÖBB argumentieren dagegen, dass bei der Wasserentnahme aus dem Lech-Fluss behutsam vorgegangen und bei einem festgelegten Pegel die Entnahme gestoppt werde.

Auf Tiroler Seite haben die ÖBB hingegen bereits eine Einigung mit den betroffenen 14 Gemeinden erzielt. Die Kommunen erhalten dort für ihre Kooperation "einen zweckgebundenen Beitrag für umweltrelevante Projekte". Die Höhe der Entschädigung hänge vom Strompreis ab, belaufe sich aber etwa auf 70.000 Euro pro Jahr für die 14 Orte, so Othmar Federspiel von der ÖBB.

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