Der OGH wies die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft zurück.
Der Freispruch für den Polizeibeamten, der am 8. August 2008 in Wetzelsdorf (Bezirk Mistelbach) einen flüchtenden mutmaßlichen Motorraddieb erschossen hat, ist rechtskräftig. Wie die APA am Freitagnachmittag in Erfahrung brachte, hat der Oberste Gerichtshof (OGH) bereits vor einigen Wochen in nichtöffentlicher Sitzung die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft als nicht berechtigt zurückgewiesen.
Rechtsmittel "substratlos"
Die Anklagebehörde hatte dem
Beamten schwere Körperverletzung mit tödlichem Ausgang zum Vorwurf gemacht.
Das gegen den Freispruch eingebrachte Rechtsmittel bezeichnet der OGH in
seinem schriftlichen Urteil allerdings als "substratlos".
Der Polizist hatte am frühen Morgen im Weinviertel mit Kollegen sogenannte AGM-Kontrollen durchgeführt. Dabei lag der Fokus auf - möglicherweise im Wiener Raum gestohlenen - "Risikofahrzeugen", also hochpreisigen Geländefahrzeugen, Kastenwagen und Motorrädern.
Um 3.40 Uhr näherte sich bei Gaweinsthal das spätere Opfer mit einer 182 PS starken Yamaha mit Wiener Kennzeichen. Beim ersten Versuch, ihn anzuhalten, bremste der Biker zunächst ab, beschleunigte aber kurz vor dem Beamten, der sich durch einen Sprung zur Seite rettete.
Motorrad durchbrach Sperre
In der Kellergasse von Wetzelsdorf
errichteten der Angeklagte und eine Kollegin dann eine Straßensperre, indem
sie den Dienstwagen schräg zum Fahrbahnrand stellten. In der Lücke postierte
sich der mit einer Warnweste bekleidete 26-Jährige, eine Kollegin stand
hinter dem Pkw. Das Motorrad näherte sich laut Staatsanwaltschaft mit etwa
70 km/h.
Als das Bike etwa 100 Meter entfernt war, rief der Polizist "Stehenbleiben oder ich schieße" und gab unmittelbar darauf einen Warnschuss ab. Er trat zur Seite und visierte das Motorrad an. Dieses fuhr durch die Lücke. Als das Motorrad etwa 15 Meter vom Dienstwagen entfernt war, gab der Beamte einen auf die Reifen gerichteten Schuss ab, der jedoch den 46-Jährigen in den Rücken traf und Herz sowie Bauchaorta verletzte. Der Mann verblutete. Bei Anwendung gehöriger Sorgfalt und Aufmerksamkeit wäre sein Tod zu vermeiden gewesen, hieß es in der Anklageschrift.
Kein Verletzungsvorsatz
Das Landesgericht Korneuburg sah das am
18. Dezember bei der Verhandlung gegen den Beamten anders. Der Mann habe
sich "korrekt verhalten" und keinen Verletzungsvorsatz gehabt. Er habe
zurecht annehmen können, dass es sich bei dem Motorradfahrer um eine
gefährliche Person handelte, zumal sich der 46-Jährige mehrmals der
Kontrolle durch die Polizei entzogen habe, hieß es in der Begründung für den
Freispruch.
Der Angeklagte hatte angegeben, aufgrund der Fahrweise und des Verhaltens des Mannes davon überzeugt gewesen zu sein, es mit einem Motorraddieb zu tun zu haben. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass der 26-Jährige mit seiner Einschätzung offenbar Recht hatte: In einem Bauernhaus des Getöteten in Drasenhofen fanden sich mehrere als gestohlen gemeldete Zweiräder. Es soll sich dabei um eine Art "Beutelager" gehandelt haben. Der 46-Jährige wies zudem mehrere Vorstrafen auf.