Studie der Med-Uni-Graz

Corona-Lockdown: 80% mehr Herzinfarkt-Tote in Steiermark

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Retrospektive Studie sah sich Verlauf der kardiovaskulären Notfälle in Spitälern näher an.

Graz. Während des Lockdowns sind weniger kardiovaskulär erkrankte Patienten als im selben Zeitraum in den Jahren zuvor in steirischen Spitälern behandelt worden. Zugleich sind allerdings mehr Patienten, die kardiologische Notfälle hinter sich hatten, innerhalb von 14 Tagen im Krankenhaus verstorben. Insgesamt ist der Wert um 65 Prozent angestiegen, geht aus einer retrospektiven Studie der Medizinischen Universität Graz hervor.

Die Grazer Kardiologen und Medizininformatiker haben die akuten Krankenhauseinweisungen aus der Zeit des sechswöchigen Lockdown analysiert. Dafür standen ihnen die Daten der steirischen KAGES-Spitäler zur Auswertung zur Verfügung. Co- Studienautor Heiko Bugger bestätigte gegenüber der APA einen entsprechenden Bericht des ORF Steiermark und führte an, dass die intraklinische Mortalität nach Herzinfarkt, Lungenembolie oder Aortenriss um 65 Prozent im Vergleich zu den vergangenen vier Jahren gestiegen ist.

226 kardiovaskuläre Patienten in sechs Wochen aufgenommen

In den sechs Wochen wurden 226 kardiovaskuläre Patienten aufgenommen, während es in den Jahren zuvor zwischen 157 und 191 Patienten im gleichen Zeitraum waren. Das sind um 23 Prozent bzw. rund 50 weniger aufgenommene Patienten. Von den Aufgenommenen sind 22 Personen bzw. 9,7 Prozent innerhalb von zwei Wochen in den Spitälern an der Erkrankung verstorben. In Zahlen seien das laut Bugger vier bis fünf Menschen mehr als im Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019 gewesen. Auf Österreich würde das für die Zeit des Lockdowns hochgerechnet 30 bis 35 mehr Todesfälle von Patienten mit Herzinfarkt, Lungenembolie und Aortenriss bedeuten, berechnete der Grazer Mediziner.

"Betroffen waren vor allem Patienten nach einem Herzinfarkt", schilderte Bugger. Hier sei eine 80-prozentige Zunahme der Fälle im Vergleich zu den Vorjahren erkennbar gewesen. Patienten mit einer Lungenembolie erhielten häufiger eine Thrombolysebehandlung, während die Zahlen des kardiogenen Schocks nicht signifikant höher waren und der kardiopulmonalen Wiederbelebung unverändert blieben. Von 226 Patienten, die während des Lockdown ins Krankenhaus eingeliefert wurden, wurden 81 Patienten mit Verdacht auf Covid-19-Erkrankung auf SARS-CoV-2-Infektion untersucht, wobei nur fünf positiv getestet wurden.

Der Rückgang der aufgenommenen kardiovaskulären Patienten ist nicht einfach erklärbar. Der Kardiologe geht davon aus, dass sich viele betroffene Patienten in der Zeit des Lockdown selbst bei Infarktsymptomen davor scheuten, sich an die Rettung zu wenden oder ins Spital zu begeben und somit möglicherweise die Situation falsch einschätzten.

Offen bleibt, wie es den rund 50 Patienten ergangen ist, die sich erst gar nicht meldeten und somit auch nicht ins Krankenhaus gebracht werden konnten: "Möglicherweise hatten sie einen Herzinfarkt und saßen ihn aus, manche haben es möglicherweise gar nicht ins Spital geschafft und sind zuhause verstorben", schätzte der Kardiologe die Situation ein. Er rät Patienten mit kardiovaskulären Problemen jedenfalls ärztliche Hilfe zu holen.

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