"Es fällt uns jetzt auf den Kopf"

Personalmangel: Steirische Spitäler schlagen Alarm

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Die Auslastung der Spitäler mit Infektionspatienten sei deutlich höher als noch bei der ersten Welle im Frühjahr und hinzu komme, dass der Normalbetrieb im Gegensatz zum Frühjahr weiterlaufe.

Was viele Jahre lang verschleppt wurde, fällt uns jetzt auf den Kopf", sagt der Vorsitzende des Angestelltenbetriebsrats am Universitätsklinikum LKH Graz, Michael Tripolt, im APA-Gespräch. Er meint damit vor allem Versäumnisse im Bereich der Pflege, wo das Personal gerade während der sich zuspitzenden Corona-Pandemie knapp sei. Die Belastung für die Mitarbeiter, nicht nur der Pflege, auch bei den Ärzten und medizinisch-technischen Diensten wie Radiologietechnologen ist hoch.

Tripolt erläuterte am Donnerstag, dass die Kapazitäten am Klinikum in Graz und insgesamt in der KAGes, der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft, noch nicht erschöpft seien, aber das Personal sei schon "sehr gefordert". Die Auslastung der Spitäler mit Infektionspatienten sei deutlich höher als noch bei der ersten Welle im Frühjahr und hinzu komme, dass der Normalbetrieb im Gegensatz zum Frühjahr weiterlaufe. Allerdings werden bereits Operationen, wenn möglich, verschoben.

Mit Donnerstag wurde auch das 2019 geschlossene LKH Hörgas nahe Graz wieder eröffnet und zwar als Covid-Station. Dort sollen sich jene Coronavirus-Patienten erholen, die nicht mehr auf intensivmedizinische Betreuung angewiesen sind. Als Leiter des Spitals wurde sogar ein bereits pensionierter Arzt, Florian Iberer, bestellt. Laut Tripolt könnten auch die Krankenhäuser in Bad Radkersburg und auf der Stolzalpe noch Covid-Betten frei machen, wenn sie ihre eigenen Programme herunterfahren. Insgesamt könnten laut KAGes in der Steiermark knapp 1.000 Betten für Infektionspatienten bereit gemacht werden, etwa 150 davon mit intensivmedizinischer Betreuung.

Das Problem dürften aber nicht zu wenige Betten werden, sondern zu wenig Personal. Laut Tripolt komme jetzt viel hoch, "wo man seit Jahren säumig war". Er fordert vom Bund eine Perspektive für die Kolleginnen und Kollegen der unterschiedlichen Berufsgruppen und verweist auf die "Roadmap Gesundheit 2020". Darin werden neben Sofortmaßnahmen auch die Ärzteausbildung oder auch eine "ehrliche Personalberechnung, die in allen Bundesländern gleich sein sollte", angesprochen, so der Betriebsrat.

Die "Roadmap" löse freilich nicht das akute Problem des Personalmangels. Besondere Herausforderung sei derzeit auch der Umstand, dass die Fachgrenzen seit dem Frühjahr aufgehoben sind. Das heißt, dass etwa ein Dermatologe nun auch auf der Pulmologie arbeiten soll, obwohl er nicht darauf spezialisiert ist. Das werde etwa am LKH Graz mittlerweile auch praktiziert, denn um Kapazitäten für Covid-Patienten zu schaffen, wurde beispielsweise eine Station auf der Dermatologie geschlossen, um die Mitarbeiter auf Covid-Stationen einsetzen zu können.

Auch für das reaktivierte LKH Hörgas musste Personal gesucht werden. Die gesetzlichen Grundlagen würden es laut Tripolt erlauben, dass Mitarbeiter für bis zu drei Monate an einem anderen Dienstort zugeteilt werden können. Der Betriebsrat habe in diesem Zusammenhang zumindest kleine Erfolge erzielt: So sei etwa für die Mitarbeiter, die auf Covid-Stationen arbeiten müssen, die Pausenzeit verlängert worden. Dennoch sei die Situation für Personal in "fremden" Bereichen natürlich "nicht perfekt". Die Arbeit mit Infektionspatienten sei neben der Schutzausrüstung nicht nur körperlich, sondern auch psychisch belastend und oft auch überfordernd.

Mit Prämien, über die bei der KAGes in den vergangenen Monaten schon viel diskutiert wurde, sei das nicht zu kompensieren. Wichtig sei laut Tripolt, dass das Arbeitsumfeld als Ganzes verbessert werde. Es müsse Signale geben, wohin es geht, um die Mitarbeiter zu motivieren. Er sieht da das Management in der Pflicht. Das könnte viel "Unmut nehmen".

Seitens der KAGes wurde am Donnerstag betont, dass "die wichtigste Ressource eines Krankenhauses" die Mitarbeiter seien. Für die KAGes-Vorstände Karlheinz Tscheliessnigg und Ernst Fartek sei das besonders seit 2015 mit der Einführung des neuen Ärztearbeitszeitgesetzes und dem Personalmangel im Pflegebereich zentrales Thema. Klar sei aber auch, dass jede Krise Mangelsituationen verschärfe: "Wenn wir im patientennahen Bereich knapp an Personal sind, ist klar, dass sich das zuspitzt, wenn aktuell rund 1.200 Mitarbeiter im 'normalen' Krankenstand sind und rund 400 Corona-bedingt fehlen, also an Covid erkrankt oder als Verdachtspersonen in Quarantäne sind."

Die KAGes versuche daher "Manpower" zu lukrieren: "So tritt man aktuell an die mehr als 5.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Teilzeit mit dem Anliegen heran, das Beschäftigungsausmaß im persönlich möglichen Umfang freiwillig zu erhöhen. Ebenso werden in Karenz befindliche ärztliche und Pflegekräfte kontaktiert, in der Hoffnung, dass diese ihre Karenz, wenn möglich, unterbrechen. Erfreulich auch, dass sich bereits erste Mitarbeiter gemeldet haben, die auf Überstundenbasis an Covid-Hotspots in den LKH zusätzliche Dienste übernehmen", hieß es in einer Aussendung am Donnerstag.
 

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