Weil er keine einschlägigen Vorstrafen hat, muss Mann nicht in den Knast.
Ein 48 Jahre alter Wiener, der über einen längeren Zeitraum Sex mit seiner eigenen Tochter hatte und diese am Ende schwängerte, ist am Freitag im Landesgericht wegen Blutschande verurteilt worden. Da nach Ansicht des Gerichts die für einen verschärfenden Strafrahmen nötige "Verführung" im Zweifel nicht gegeben war, kam der Vater mit einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten davon.
"Moralisch schockierend"
Der Fall sei "moralisch schockierend", räumte Richter Andreas Böhm in der Urteilsbegründung ein. Das Beweisverfahren habe aber keinen eindeutigen Nachweis erbracht, dass die mittlerweile knapp 24 Jahre alte Tochter zur Duldung des Beischlafs gezwungen oder überredet wurde. Im Zweifel wurde auch davon ausgegangen, dass es zu den Übergriffen erst kam, nachdem die Tochter bereits das 18. Lebensjahr vollendet hatte. Die junge Frau ist laut einem Gutachten psychisch schwer beeinträchtigt.
Der Strafrahmen für einvernehmlichen Sex mit einer Person, mit der man in gerader Linie verwandt ist, beträgt grundsätzlich bis zu einem Jahr Haft. Der Schöffensenat hielt die Hälfte davon für angemessen, die dem Mann unter Setzung einer dreijährigen Probezeit auf Bewährung nachgesehen wurde, weil er keine einschlägigen Vorstrafen hatte. Man könne "keine unbedingte" verhängen, "nur weil es moralisch entsetzlich ist", sagte der Richter.
Der 48-Jährige, der von Ende Juli bis Anfang Oktober 2013 in U-Haft gesessen war, nahm die Strafe sofort an. Der Staatsanwalt gab keine Erklärung ab. Das Urteil ist daher nicht rechtskräftig.
Der Angeklagte hatte beim Prozessauftakt im Dezember das inzestuöse Verhältnis zur leiblichen Tochter dergestalt beschrieben, als wäre dies weiter nichts Ungewöhnliches: "Das hat sich so ergeben." Nachdem ihn seine Lebensgefährtin aus der Wohnung geworfen hatte, sei er mit der Tochter zunächst in ein Heim und später in eine Wohnung gezogen: "Da hat das Thema angefangen, wie das mit dem Vater ist." Man habe sich wiederholt über intime Kontakte unterhalten, "beim dritten Mal haben wir uns geeinigt".
Zu Beginn habe er "ein bis zwei Mal pro Woche" Sex mit der Tochter gehabt: "Dann ist es immer mehr geworden. Es war eine Beziehung."
Eigenen Angaben zufolge machte der Vater im Jänner 2012 mit der Tochter Schluss. Danach brachte die damals fast 22-Jährige einen Buben zur Welt, der massive gesundheitliche Beeinträchtigungen aufwies. Unter anderem hatte der Kleine an jeder Hand sechs Finger und am rechten Fuß sechs Zehen. Die Ärzte und das Jugendamt fragten nach, wer der ominöse "Ex-Freund" sei, den die junge Frau als Vater angegeben hatte, weil eine im Spital vorgenommene Blutanalyse darauf hindeutete, dass das Kind einer inzestuösen Verbindung entstammte.
Die 22-Jährige habe auf entsprechendes Befragen zunächst "gar nichts gesagt", erklärte eine Vertreterin des Jugendamts heute im Zeugenstand: "Es ging über mehrere Monate, das zu thematisieren. Sie ist in Schweigen verfallen, wenn das thematisiert wurde. Sie hat um den heißen Brei herumgeredet." Nach Aussage der Tochter gab sie den Behörden ihren Vater nur deshalb als Vater bekannt, weil das Jugendamt ihr mit der Wegnahme des Kindes gedroht haben soll, wenn sie nicht reinen Tisch mache. Die MAG 11 wies diese Behauptung vehement zurück.
Die DVD mit der kontradiktorischen Einvernahme der Tochter, die im Ermittlungsverfahren die Abläufe aus ihrer Sicht geschildert hatte, wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgespielt und erörtert. Für die Einvernahme bekam die 24-Jährige, die sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligte angeschlossen hatte, 500 Euro zugesprochen. Ihre darüber hinausgehenden geltend gemachten Ansprüche von 50.000 Euro für angeblich erlittene leicht- bis mittelgradige psychische Schmerzen wies das Gericht ab, weil der Tochter im gesetzlichen Sinn kein Opferstatus zukomme.