Azad G. (27)

Die Skandal-Akte des Wiener ­IS-Kämpfers

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Der Skandal um den Austro-IS-Kämpfer Azad G. (27) aus Wien wird immer bizarrer.

Azad G. ergab sich, wie berichtet, den kurdischen Einheiten in Syrien und sitzt jetzt in kurdischer Haft. Er will zurück nach ­Österreich. Das soll unmöglich gemacht werden. Wiens SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig will dem türkisch-österreichischen Doppelstaatsbürger die Staatsbürgerschaft entziehen. Burgenlands SPÖ-Chef Hans Peter Doskozil fordert sogar, dass allen IS-Kämpfern der Pass automatisch weggenommen werden soll (siehe Interview). Auch Innenminister Herbert Kickl will die „tickenden Zeitbomben“ nicht zurück ins Land holen.

12.400 Euro Mindest­sicherung für IS-Kämpfer

Sozialhilfe. Über Azad G. werden inzwischen immer mehr Details bekannt:

  • 2010 absolvierte er in der Steiermark seinen Grundwehrdienst und wurde Milizsoldat. Aber das Heer setzte den späteren IS-Kämpfer auf eine „Gefährderliste“. Er wurde nicht mehr zu Übungen eingeladen. Das Innenministerium wurde aber nicht informiert.
  • 2013 ging Azad G. nach Syrien und schloss sich der Terrormiliz IS an, kämpfte.
  • Er wurde angeschossen, kehrte über die Türkei nach Österreich zurück und wurde hier im Spital gesund gepflegt.
  • 14 Monate blieb er auf „Heimaturlaub“ in Wien, kassierte in dieser Zeit 885,47 Euro Mindestsicherung pro Monat, in Summe ergibt das 12.400 Euro.
  • Die Staatsanwaltschaft ermittelte ab 2015 gegen den ­Jihadisten, seine Eltern zeigten ihn an. Die Ermittlungen wurden aber eingestellt. An die MA 40 der Stadt Wien wurden die Ermittlungen gegen Azad G. aber nicht weitergeleitet. Deshalb die Mindest­sicherung.
  • Letztlich kehrte G. zum IS zurück.

 

Doskozil: "IS-Kämpfer sofort ausbürgern"

ÖSTERREICH: Herr Landeshauptmann, Sie waren Polizist: Was tun mit österreichischen IS-Kämpfern wie Azad G.?

Hans Peter Doskozil: Der Wiener Bürgermeister will prüfen, ob die Staatsbürgerschaft aberkannt werden kann. Das ist ein langwieriges Verfahren. Daher bin ich der Meinung: Wenn jemand IS-Kämpfer ist, müsste die Staatsbürgerschaft ohne Verfahren ex lege automatisch verfallen. Da wäre die Regierung ge­fordert, eine entsprechende Änderung des Staatsbürgerschaftsgesetzes vorzulegen.

ÖSTERREICH: Es ist derzeit so, wenn jemand für eine andere Armee kämpft …

Doskozil: Richtig.

ÖSTERREICH: Das soll also auch für den IS gelten?

Doskozil: Der IS ist keine fremde Armee, sonst würde man ihm Staatsautorität zuerkennen, aber inhaltlich muss das gleich beurteilt werden.

ÖSTERREICH: Schwierig, wenn derjenige nur die österreichische Staatsbürgerschaft hat.

Doskozil: Dann ist er eben staatenlos, ganz einfach.

Österreich: Und wenn die schon in Österreich sind?

Doskozil: Dann erlischt die Staatsbürgerschaft ebenfalls. Die Regierung diskutiert sehr gerne – sie sollte da handeln.

ÖSTERREICH: Zur Sicherungshaft. Die Regierung plant jetzt eine Verfassungsänderung – die SPÖ will darüber nicht verhandeln. Was meinen Sie?

Doskozil: Wenn die Regierung bei der Sicherungshaft gesetzeskonform vorgeht, braucht sie die SPÖ nicht. Ich war immer gegen eine Ver­fassungsänderung. Die Regierung argumentiert, dass ihr Plan durch EU-Richtlinien gedeckt ist. Wenn das der Fall ist, soll sie ihn umsetzen. Die Regierung schiebt der SPÖ ja nur die Verantwortung zu.

ÖSTERREICH: Ihre Parteichefin hat Sie kritisiert, weil Sie die Sicherungshaft auch für Österreicher wollen. Bleiben Sie dabei?

Doskozil: Ja, Gefährder ist Gefährder. Aber ich will eine verfassungskonforme Regelung.

ÖSTERREICH: Hat die SPÖ-interne Kritik Sie überrascht?

Doskozil: Das war nicht das erste Mal und wird nicht das letzte Mal gewesen sein. Ich werde aber auch in Zukunft meine Meinung sagen. (gü)

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