Mit dem Rückzieher der Staatsanwaltschaft gilt das Verfahren um den angeblichen Mordauftrag als eingestellt.
Wien. Die Staatsanwaltschaft Wien hat eine rechtskräftige Anklage wegen versuchter Bestimmung zum Mord gegen einen Wiener Rechtsanwalt zurückgezogen. Entsprechende der APA zugegangene Informationen bestätigte Behördensprecherin Judith Ziska.
Höchst ungewöhnlicher Schritt
Bei diesem Vorgang handelt es sich um einen höchst ungewöhnlichen Schritt - der Akt war am Wiener Landesgericht bereits einem Richter zugeteilt, der eine Schwurgerichtsverhandlung vorbereitete. Nachträglich kamen der Staatsanwaltschaft aber erhebliche Zweifel, ob die inkriminierten Anschuldigungen, die auf den Angaben eines Belastungszeugen fußten, den Tatsachen entsprechen. "Nach Anklageerhebung wurden neue Beweismittel vorgelegt, die die Beweislage geändert haben", erläuterte Ziska. Mit dem Rückzieher der Staatsanwaltschaft gilt das Verfahren um den angeblichen Mordauftrag als eingestellt.
"Die Vorwürfe haben sich als reine Fantasie des Belastungszeugen erwiesen, der den Doktor angezeigt hatte", schilderte die Rechtsvertreterin des Anwalts, Silvia Vinkovits, am Dienstag. Und weiter: "Dieser Mensch wollte ihn (den Anwalt, Anm.) unter Druck setzen, weil man sich finanziell nicht einig geworden ist. Da hat er ihm gedroht und gemeint, er wird schon noch an ihn denken." Zum Glück habe sich "die Unschuld des zu Unrecht Verdächtigen herausgestellt", meine Vinkovits.
Wollte Anwalt einen Zeugen "verschwinden" lassen?
Der Anwalt war Ende März 2018 in U-Haft gelandet. Ein Automechaniker bulgarischer Abstammung behauptete, der Anwalt habe ihn beauftragt einen 57-jährigen Mann zu überfahren bzw. von der Mafia nach Bulgarien verschleppen oder verschwinden oder dessen Tochter entführen zu lassen. Angebliches Motiv: Der 57-Jährige war in einem gegen den Anwalt anhängigen Betrugsverfahren um ein gefälschtes Testament als Belastungszeuge aufgetreten. Der Anwalt habe verhindern wollen, dass der Zeuge - ein pensionierter Mitarbeiter der Wiener Müllabfuhr - vor Gericht gegen ihn aussagt, behauptete der Bulgare, wobei die Anklagebehörde dem zunächst Glauben schenkte.
Der Anwalt dementierte dagegen entschieden, ein Mordkomplott geschmiedet zu haben. Er habe sich mit dem Mechaniker, den er seit 20 Jahren kenne, geschäftlich zerstritten, worauf dieser aus Rache mit dem angeblichen Mordauftrag zur Polizei gegangen sei.
Erste Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Mechanikers dürften der Justiz schon im vergangenen Herbst gekommen sein. Der Anwalt wurde Mitte Oktober mangels dringenden Tatverdachts aus der U-Haft entlassen. Dessen ungeachtet wurde später eine Mordanklage beim Landesgericht eingebracht, nachdem der Jurist in seinem Betrugsverfahren zu drei Jahren Haft verurteilt worden war.
In diesem Verfahren war es um den Vorwurf gegangen, der Anwalt habe sich mit einem nicht rechtmäßig zustande gekommenen Testament das Vermögen eines im Jahr 2011 verstorbenen Ex-Diplomaten verschaffen wollen. Der ehemalige Botschafter hatte insgesamt 1,7 Millionen Euro hinterlassen. Die vom Erstgericht verhängte dreijährige Haftstrafe ist mittlerweile rechtskräftig. Wie der Sprecher des Landesgerichts, Thomas Spreitzer, auf APA-Anfrage bekannt gab, hat der Anwalt inzwischen die Aufforderung zum Strafantritt erhalten.