Der von ÖSTERREICH aufgedeckte Skandal zieht immer weitere Kreise.
Wien. Am 24. August hatte ÖSTERREICH exklusiv einen handfesten Skandal aufgedeckt: Eine Mitarbeiterin der Wiener Parkraumbewirtschaftung soll Strafen aus dem Computersystem gelöscht haben – und zwar von ihr und ihrer Tochter. Am 13. August wurde Andrea S. (Name von der Redaktion geändert), für die die Unschuldsvermutung gilt, deshalb gefeuert. Der Fall löste eine Lawine aus: Insgesamt sollen aktuell bis zu 50 Fälle untersucht werden – damit wären zehn Prozent der 500 Wiener Parksheriffs verdächtig!
Massiver Druck. Der Skandal geht aber viel weiter, wie eine frühere Mitarbeiterin gegenüber ÖSTERREICH auspackt (siehe Interview). „Das macht eigentlich jeder. Es gibt keine Ausnahmen“, behauptet sie und berichtet von massivem Druck. Selbst „Verbotszonen“ für die Ausstellung von Parkstrafen soll es gegeben haben. „In manchen Gassen haben wir gar nicht mehr aufgeschrieben, weil sofort ein Storno kam“, so Bettina S.
Stadtrechnungshof soll jetzt alles durchleuchten
Vizebürgermeister Dominik Nepp (FPÖ) sagt unter Berufung auf Informanten, dass Spitzenbeamte und Politiker in Wien systematisch per Telefon ihre Strafzettel stornieren hätten lassen. Nepp hat eine Sonderprüfung des Stadtrechnungshofs beantragt, der bei der für die Strafen zuständigen MA 67 nachforschen darf.
Die Stadt Wien wiegelt ab: „Die Dienstaufsicht hat die Polizei“ – also letztendlich das Innenministerium. Dort wollte man sich auf ÖSTERREICH-Anfrage nicht äußern. „Dienstrechtliche Konsequenzen zieht aber die Stadt Wien und die greift hier hart durch“, heißt es aus dem Büro der Wiener Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne).
Polizist: "MA 67 geht hart vor"
Polizeisprecher Manfred Reinthaler klärte bei oe24.TV über den Skandal auf.
oe24.TV: Wie konnte man den Skandal nachweisen?
Reinthaler: Es gab routinemäßige Untersuchungen und man ist draufgekommen, dass es Unregelmäßigkeiten gibt. Die Ermittlungen wurden ausgeweitet.
oe24.TV: Mit Erfolg?
Reinthaler: Zwei Kontrollorgane wurden entlassen, fünf weitere vom Dienst freigestellt.
oe24.TV: Konsequenz ist die Entlassung?
Reinthaler: Ja. Die zuständige MA 67 geht sehr hart vor.
Bettina S.: "Die müssten die ganze Mannschaft austauschen"
Ex-Parksheriff Bettina S. packt in ÖSTERREICH aus:
ÖSTERREICH: Gegen 50 von 500 „Parksheriffs“ wird ermittelt. Das ist sehr viel.
Bettina S.: Das macht eigentlich jeder, es gibt keine Ausnahmen. Die müssten die ganze Mannschaft austauschen. Das war immer gang und gäbe. Die werden weitere 50 finden. Das Problem ist damit nicht gelöst.
ÖSTERREICH: Womit wäre das Problem gelöst?
Bettina S.: Man müsste ein ganz neues Konzept aufziehen. Der Ruf ist derart geschädigt, auch nach der Zusammenlegung mit der Polizei.
ÖSTERREICH: Bringen die Entlassungen nichts?
Bettina S.: Es hat überhaupt keinen Sinn, Leute zu entlassen. Sicher war es nicht rechtmäßig, aber es haben alle gemacht. Ich will das auch nicht gutheißen, habe es ja auch gemeldet.
ÖSTERREICH: Und die Reaktion auf die Meldungen?
Bettina S.: Ich war bei Polizisten und Magistratsbeamten als Vorgesetzte. „Reg dich nicht auf. Wir klären das“, wurde gesagt. Geklärt wurde aber nix.
ÖSTERREICH: Standen Sie unter großem Druck?
Bettina S.: Die Konsequenz, die man gehabt hätte, wenn man nicht storniert, hätte man auch nicht erleben wollen. Der Chef hat sogar in der Freizeit am privaten Handy angerufen. Da muss man erst einmal „Nein“ sagen.