Mutter will Beweis haben:

'FP-Liste über Doppelstaatsbürger ist falsch'

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Einer türkischstämmigen Österreicherin wurde die Staatsbürgerschaft aberkannt - zu Unrecht, wie sie und ein Aktivist nun belegen wollen.

Elmas E. (Name geändert) ist entsetzt und macht sich große Sorgen um ihre Zukunft und die ihres schulpflichtigen Sohnes. Die Kindergartenpädagogin wurde 1976 in Wien geboren. Im Alter von 20 Jahren legte sie die türkische Staatsbürgerschaft zurück und ist seit 22 Jahren österreichische Staatsbürgerin. Vor einiger Zeit bekam die Mutter von drei  Kindern, darunter einen schulpflichtigen Sohn, Post von der Magistratsabteilung 35 der Wiener Landesregierung.

 

Video zum Thema: Peter Pilz: FPÖ führt Fake-Listen



Darin wurde sie aufgefordert zu beweisen, dass sie nicht die türkische Staatsbürgerschaft hat. Doch die Türkische Botschaft stellte erst nur eine Bestätigung aus, dass sie dort war. Daraufhin wurde der Frau am 8. November 2018 die österreichische Staatsbürgerschaft aberkannt.

Jobstmann Doppelstaatsbürgerschaften
© Thomas Lenger

Auch ein zweiter Fall schockiert

Sie wandte sich an den Menschenrechtsaktivisten Gustav Jobstmann. „Es ist unglaublich, dass jemandem vorgeworfen wird, er habe das österreichische Gesetz gebrochen, und beweisen muss, dass er unschuldig ist. Das ist gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung“, so Jobstmann. Der Aktivist betreut mehrere solcher Fälle.
 
Die vierfache Mutter Selin A. (Name geändert) ist ebenso von der Aberkennung der Staatsbürgerschaft betroffen. „Ich bin seit 1995 österreichische Staatsbürgerin, nur österreichische Staatsbürgerin und ich bin sehr gerne hier zu Hause. Jetzt versucht man mir meine Heimat zu nehmen, ich bin schockiert“, so die Frau.

Jobstmann Doppelstaatsbürgerschaften
© Thomas Lenger

Menschenrechtsaktivist Gustav Jobstmann will Betroffenen helfen.

Jobstmann: "Wir haben Beweise, dass Liste falsch ist"

Nun will Jobstmann endgültig belegen können, dass die ominöse Liste, aufgrund der die Briefe verschickt wurden, nicht korrekt seien. „Dass diese von der FPÖ vorgelegte Liste nicht stimmen kann, können wir jetzt beweisen“, so Gustav Jobstmann. Er kann für eine seiner Mandantinnen eine beglaubigte Bestätigung der Türkischen Botschaft vom 6. Dezember 2018 vorlegen. Darin heißt es, dass seine Mandantin einen Auszug aus dem Personenstandregister bei der Botschaft wollte. „Jedoch wurde festgestellt, dass Frau A. aus dem türkischen Staatenverband ausgebürgert wurde und die österreichische Staatsbürgerschaft angenommen hat“, so heißt es in dem Schreiben der Botschaft. „Während Doppelstaatsbürger ja noch die türkische Staatsbürgerschaft haben, sind meine Mandanten plötzlich staatenlos“, zeigt sich Jobstmann entsetzt.

Schwere Vorwürfe

Jobstmann ortet einen perfiden Plan dahinter. Er meint, dass diese Listen nur als Wahlkampfmittel eingesetzt wurden. „Es steht in jedem Fall fest,  dass auf der Liste auch österreichische Staatsbürger stehen, die nachgewiesen niemals mehr die türkische Staatsbürgerschaft angenommen haben“, so Jobstmann.

Der angebliche Beweis

Jobstmann Doppelstaatsbürgerschaften
© Thomas Lenger

Diese Bestätigung der Türkischen Botschaft.

Pilz wirft FPÖ "Denunziation" vor

Auch Peter Pilz von der Liste Jetzt erhebt schwere Vorwürfe gegen die FPÖ in Sachen Doppelstaatsbürger: Vizekanzler Heinz-Christian Strache habe den Behörden wissentlich eine manipulierte Liste weitergegeben. Einige Austro-Türken hätten "aufgrund der freiheitlichen Denunziation verfassungswidrig" ihre Staatsbürgerschaft verloren. Sie müssten wieder eingebürgert und alle Verfahren eingestellt werden.

Pilz fordert Einstellung der Verfahren

Pilz begrüßte Dienstag in einer Pressekonferenz sowohl das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, wonach die FPÖ-Liste kein taugliches Beweismittel ist - als auch die Reaktion der Stadt Wien, sofort alle darauf beruhenden Verfahren einzustellen. Die anderen Bundesländer müssten diesem Beispiel folgen: "Wer jetzt noch Verfahren weiterführt, begeht Amtsmissbrauch." Dass bereits einige Austro-Türken - ohne nachweislich türkische Staatsbürger zu sein - aus Österreich ausgebürgert wurden, sei ein "verfassungswidriges Unrecht", das wieder gutgemacht werden müsse.

Parlamentarische Anfragen

Scharf griff er die Blauen und ihren Chef an: Der Vizekanzler sei "von Ankara aus instrumentalisiert" worden - und habe "den bewussten Versuch unternommen", mit offensichtlich im Auftrag des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan manipuliertem Material Österreicher zu schädigen. Die FPÖ habe wissen müssen, dass ihre Liste mit 66.328 Namen "gesiebt und gesäubert" und um Austro-Türken ohne türkisches Wahlrecht ergänzt sei. Denn er, Pilz, habe aus Kreisen türkischer Wahlbehörden erhaltene richtige Verzeichnisse mit 107.800 Namen vorgelegt.

Pilz kündigte parlamentarische Anfragen an Innenminister Herbert Kickl und Vizekanzler Strache (beide FPÖ) in dieser Causa an - und einen Entschließungsantrag, in dem die Wiederverleihung der Staatsbürgerschaft an die bisher Betroffenen verlangt wird.
 

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