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Missbrauchs-Prozess

Seisenbacher: Sein irrer Auftritt vor Gericht

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Peter Seisenbacher ließ sich im Gerichtssaal feiern und meint er sei "ein Opfer einer Verschwörung". Im Falle einer Verurteilung drohen ihm bis zu zehn Jahre Haft.

Mit dreijähriger Verspätung hat am Montag der Prozess gegen den Ex-Judoka und zweifachen Olympia­sieger Peter Seisenbacher (59) begonnen. Eigentlich hätte das Verfahren rund um sexuelle Übergriffe Seisenbachers auf minderjährige Judoschülerinnen bereits im Dezember 2016 stattfinden sollen. Doch Seisenbacher tauchte im Ausland unter. Er versteckte sich in Georgien, dann in der ­Ukraine. Letztlich folgte ein Krimi rund um seine Aus­lieferung, der heuer im September ein Ende nahm.

Prozess des Jahres

Kurz vor 9.30 Uhr wurde Seisenbacher in den Großen Schwurgerichtssaal geführt. Ein älterer Herr – Seniorenmeister und langjähriger Judo-Funktionär – klatschte aufgeregt, als der Olympiasieger den Saal betrat. Der Angeklagte grüßte mit ausgestrecktem rechten Daumen zurück, er genoss sichtlich die Ehrbekundung.

Peter Seisenbacher
© APA/HERBERT NEUBAUER
× Peter Seisenbacher

Seisenbacher selbst bekannte sich zum Prozessauftakt nicht schuldig. Er verwies auf „Hunderte, die nichts gesehen haben“. Zwangsläufig anders Staatsanwältin Ursula Schrall-
Kropiunig. Als Trainer sei er eine Art „Vaterersatz für die jungen Kämpferinnen“ gewesen, sagte sie. Das habe er während der Judotrainingslager ausgenützt. Drei Mädchen soll er in den 1990ern und Anfang der 2000er missbraucht haben: zwei damals Minderjährige und eine 16-Jährige, teils über ­mehrere Jahre hinweg.

Seisenbacher
© APA/HERBERT NEUBAUER
× Seisenbacher

Peter Seisenbacher
© APA/HERBERT NEUBAUER
× Peter Seisenbacher

Seisenbacher sieht sich als Verschwörungsopfer

Richter Bauer hielt fest, dass die Mädchen die Übergriffe gleichlautend mit „kommentarlosem Anfassen des Intimbereichs“ schilderten. Seisenbacher tat dies als Lügen ab und sah sich als ­Opfer einer Verschwörung. „Sie hatten genug Zeit, sich abzusprechen“, sagte er.

Schwer belastet wird der ­Judoka aber auch von einem ­engen Freund. Ihm vertraute Seisenbacher an, „etwas“ mit einem der Mädchen „gehabt zu haben“, es sei aber „im gesetzlich erlaubten Alter“ ge­wesen. Auch ein ehemaliger Judoschüler belastet Seisenbacher. Er gab an, eines der Mädchen im Lager „halb nackt und teilnahmslos auf die Decke starrend“ gesehen zu haben: „Das sind fünf Personen, die sich ­irren oder lügen“, so Richter Bauer. Die mutmaßlichen ­Opfer wurden unter Ausschluss der Öffentlichkeit befragt. Der Prozess wird am 2. Dezember fortgesetzt. Für Seisenbacher gilt die Unschuldsvermutung. ­

Seisenbacher: Sein irrer Auftritt vor Gericht
© oe24.TV
× Seisenbacher: Sein irrer Auftritt vor Gericht
oe24.TV-Reporterin Susanne Breineszl und ÖSTERREICH-Reporterin Larissa Eckhardt.

Prozess-Protokoll: Er grinste die Journalisten siegessicher an

Brauner Anzug, weißer Rolli, wuchtiger Körper: Als Seisenbacher den ­Gerichtssaal betritt, wirkt er selbst-, fast siegessicher. Er grinst die Journalisten und Zuschauer an, tauscht sich kurz mit seinem Anwalt aus und nimmt gelassen vor dem Richter Platz, obwohl die Vorwürfe seiner drei ehemaligen Judoschülerinnen schwer wiegen. „Er war ihr Trainer, ihr Idol und Vaterersatz“, wie die Staatsanwältin sagt.

Zur Verhandlung sind ­neben Gegnern auch Seisen­bacher-Unterstützer erschienen. In den Pausen geben sie bereitwillig Interviews, versuchen, das Image des Ex-­Judostars geradezubiegen, und verbreiten die Theorie einer Intrige gegen ihren Freund. Schließlich war Seisenbacher einmal mit der Mutter eines der mutmaßlichen Opfer liiert. Alle würden lügen, nur Seisenbacher selbst nicht, sagen sie. Warum aber sollen die Mädchen so eine Geschichte erfinden und die Vorwürfe 20 Jahre aufrechter­halten? Der Prozess muss das ­klären. Larissa Eckhardt

Video zum Thema: Seisenbacher vor Gericht: Bis zu 10 Jahre Haft

Karriere: Doppel-Olympiasieger, Judo-Legende, Skandal-Trainer

  • Goldene Momente: 1984 wurde Seisenbacher in Los Angeles als erster Judoka aus Österreich Olympiasieger. Vier Jahre später verteidig­te er in Seoul den Titel.
  • Seriensiege: 1980 errang Seisenbacher bei der Heim-EM in Wien Silber. 1985 Weltmeister, 1986 Europameister.
  • Judo-Funktionär: 1992 Chef der A-Sporthilfe, Nationalteamtrainer. Nach einem „Watschenskandal“ abgelöst.
  • Judo-Trainer: Mit georgischem Team zwei Gold-, drei Silber-, vier WM-Bronzemedaillen.

 


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