Mann ging mit Amtsgewalt gegen privaten Kontrahenten vor.
Ein ranghoher Wiener Polizist ist am Donnerstag im Straflandesgericht wegen Amtsmissbrauchs zu zehn Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Der Mann war nach einem privaten Streit im Straßenverkehr - es ging um einen Parkplatz - mit Amtsgewalt gegen seinen Kontrahenten vorgegangen, nachdem sich dieser über ihn beschwert hatte. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Streit um Parkplatz
Die beiden Männer waren am 21. März 2010 auf der Linken Wienzeile auf der Suche nach einer freier Parklücke aneinandergeraten. Der Polizist befand sich mit seinem Auto hinter seinem Gegner, der das Ausparkmanöver einer Autofahrerin abwarten und offenbar im Retourgang ihren Parkplatz in Anspruch nehmen wollte. Der Beamte hupte, sprang schließlich aus seinem Wagen, zückte einen Ausweis, verlangte von seinem Gegenüber eine Legitimation und soll dann eine Fahrzeugkontrolle samt Überprüfung des Pannendreiecks durchgeführt haben. "Ich hab' geglaubt, ich bin beim Kottan", so der Betroffene beim Prozessauftakt im vergangenen Mai.
Als der Polizeijurist feststellte, dass sich sein Kontrahent offiziell über ihn beschwert hatte, sorgte der Beamte dafür, dass gegen jenen ein Verwaltungsverfahren geführt wurde. Dass er dabei eine Zeugin selbst befragte und vortäuschte, der an sich zuständige Referent habe die Einvernahme durchgeführt, indem er am Protokoll dessen Namen und Dienstzimmer vermerkte, brach dem Juristen zumindest in erster Instanz das Genick. Für den Schöffensenat war das eindeutig ein Missbrauch der Amtsgewalt, wie der vorsitzende Richter Thomas Spreitzer in der Urteilsbegründung erklärte: "Sie waren befangen. Sie hätten das Verfahren abgeben müssen."
Stattdessen habe der ranghohe Beamte veranlasst, dass die Zeugin ein weiteres Mal befragt wurde - diesmal immerhin vom zuständigen Referenten, dem der Angeklagte allerdings einen Fragenkatalog in die Hand gedrückt hatte, der laut Spreitzer "Fragen enthalten hat, die mit dem Sachverhalt überhaupt nichts zu tun hatten". Es sei dem Angeklagten mit der Liste an Fragen vielmehr darum gegangen, seinem Gegner zu schaden: "Bei lebensnaher Betrachtung kann man zu gar keinem anderen Schluss kommen."
Der Polizeijurist hatte sich mit Vehemenz "nicht schuldig" bekannt. "Seit Einbringen der Anklageschrift habe ich unglaublich viel Judikatur und Literatur gelesen", bemerkte er am heutigen Verhandlungstag. Sein Fazit: Er habe nichts Strafbares gemacht. Gegen die Verurteilung legten die Verteidiger Rudolf Mayer und Martin Riedl umgehend Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung ein.
Freigesprochen wurde der Jurist von einem zweiten inkriminierten Vorfall. Im November 2009 soll er einem Obdachlosen einen Fußtritt verpasst und diesen dabei verletzt haben. Letzteres ließ sich für das Gericht nicht nachweisen. Die Staatsanwältin gab zu den Entscheidungen vorerst keine Erklärung ab.