Sieben Angeklagte

Wiener Schutzgeld-Mafia: Prozess kurz vor Ende

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Schlussplädoyers ab Mittag - Letzte Zeugen hatten keine Erinnerung mehr.

Das Verfahren gegen eine mutmaßliche Mafia-Bande, die laut Anklage in Wien auf Schutzgeld-Erpressungen spezialisiert gewesen sein soll, ist Donnerstagmittag abgeschlossen worden, die Schlussplädoyers haben begonnen. Ein Urteil des Schöffensenats unter Vorsitz von Richter Michael Tolstiuk soll am Nachmittag gefällt werden.

Die sechs angeklagten Männer und eine Frau, die in den angeblichen Boss verliebt war, wiesen den Vorwurf zurück, eine mafiöse Organisation gebildet zu haben. Laut Anklage sollen sie der kriminellen Vereinigung "Struja" (auf Deutsch: Strom) angehört haben, als deren Kopf angeblich der Hauptangeklagte Edin D. fungierte, den man in der sogenannten Balkan-Meile am Wiener Gürtel unter seinem Spitznamen "Edo" kennt.

Schon vor rund zehn Jahren beschäftigte der gebürtige Bosnier eingehend die Kriminalisten, als im damals von ihm betriebenen "Cafe Cappuccino" in Hernals ein Lokalbesucher erschossen und ein weiterer Mann schwer verletzt wurde. Der Mord konnte nie aufgeklärt werden - inwieweit "Edo" in die Schießerei verwickelt war, blieb rätselhaft. Nun glaubt aber Staatsanwalt Filip Trebuch, beweisen zu können, dass es sich bei dem Mann um "den Kopf einer kriminellen Vereinigung handelt, die auf die Erpressung von Schutzgeld und die Begehung weiterer schwerwiegender Straftaten ausgerichtet war", wie in der Anklageschrift ausgeführt wird.

Nach einem halben Jahr und zahlreichen Verhandlungstagen kamen am Donnerstag die letzten Zeugen zu Wort, die sich jedoch äußerst wortkarg zeigten. Der häufigste Satz, der am letzten Prozesstag fiel, war: "Ich kann mich nicht erinnern." Die nun auf der Anklagebank Sitzenden habe man "nur vom Sehen gekannt". Aber von Schlägereien in diversen Lokalen, die von der Bande als Bedrohung gelten sollten, habe man nichts mitbekommen, sagten sie vor Gericht.

Ein Zeuge ließ sich wegen Urlaubs entschuldigen, ein weiterer sagte, er sei krank und könne nicht vor Gericht erscheinen. Ein anderer Mann, der eine Zeugenladung erhalten hatte, tauchte erst gar nicht auf. Als das Gericht bei seiner Mutter anrief, um zu fragen, wo er bleibe, meinte er, das Ganze interessiere ihn nicht, er habe etwas Besseres zu tun. Er wurde von Richter Tolstiuk mit einer Ordnungsstrafe in der Höhe von 300 Euro belegt.

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