Österreich vor Rauswurf

BVT-Affäre: Pilz legt brisantes Schreiben vor

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Ausländischen Partnerdienste überlegten Österreichs Rauswurf aus "Berner Gruppe"

Die umstrittene Hausdurchsuchung beim BVT hat offensichtlich tatsächlich zu einem massiven Imageverlust bei ausländischen Partnerdiensten geführt: Peter Pilz legte am Mittwoch im U-Ausschuss ein Dokument vor, in dem es darum geht, dass "eine Suspendierung des BVT in der Berner Gruppe im Raum" stehe. Dabei handelt es sich um einen Klub der Chefs europäischer und anderer wichtiger Geheimdienste.
 
Zuletzt war immer wieder die Rede davon, dass die von einem FPÖ-nahen Polizisten angeführte Razzia beim Verfassungsschutz Ende Februar dem BVT einen derartigen Vertrauensverlust eingebracht hat, dass die Zusammenarbeit mit ausländischen Diensten leidet - in offiziellen Stellungnahmen des FPÖ-geführten Innenministeriums wurde das bisher aber stets dementiert.
 

Suspendierung steht im Raum

Pilz legte nun im U-Ausschuss ein Schreiben der Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft von Ende Juni an den Direktor des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) vor. Nach einer kurzen Diskussion der Fraktionsführer mit dem Verfahrensrichter wurde vereinbart, dass er das Dokument, das nicht aus den Akten des Ausschusses stammt, unter bestimmten Bedingungen in Anwesenheit der Journalisten verwenden darf.
 
In dem Schreiben heißt es, dass die Leiterin der BVT-Rechtsabteilung, Michaela K. - sie ist die erste Auskunftsperson in der Ausschusssitzung am Mittwoch - ausgeführt habe, "dass eine Suspendierung des BVT in der Berner Gruppe im Raum stehe". Dieser Klub besteht Medienberichten zufolge de facto aus den Köpfen der europäischen Nachrichtendienste, auch die USA und Israel sollen vertreten sein, Sinn und Zweck sind Austausch und gemeinsame strategische Überlegungen. Um einer Suspendierung entgegentreten zu können, benötige das BVT eine "Schadensanalyse, welche den Partnerdiensten präsentiert werden könne".
 

Stellungnahme

Die BVT-Rechtsexpertin habe demnach eine Stellungnahme verlangt, welche ausländischen klassifizierten Dokumente in Papierform bei der Hausdurchsuchung sichergestellt wurden, sowie eine Bestätigung über eine Vereinbarung zwischen BVT und Staatsanwaltschaft zur Kontaktaufnahme, wenn beschlagnahmte ausländische elektronische Informationen in den Ermittlungsakt kommen. Michaela K. gab an, sie sei vom - zwischenzeitlich suspendierten, dann wieder eingesetzten - BVT-Direktor Peter Gridling beauftragt worden, diesbezüglich Kontakt zur Korruptionsstaatsanwaltschaft aufzunehmen.
 
Die Staatsanwaltschaft gab in dem Schreiben an, dass sie noch ein als "SECRET" eingestuftes Dokument habe, "welches dem BVT vom BfV (dem deutschen Bundesamt für Verfassungsschutz, Anm.) zur Verfügung gestellt" worden sei. Dieses Dokument sei "vom Beschuldigten entgegen den internen Vorschriften des BVT in seinem Büro aufbewahrt" worden. Laut Pilz handelt es sich dabei um Bernhard P., den mittlerweile entlassenen BVT-Referatsleiter Nachrichtendienst, der am Nachmittag in den U-Ausschuss geladen ist. Ob der deutsche Geheimdienst davon Kenntnis erlangt habe, würde die Zeugin nur in vertraulicher Sitzung beantworten, wie sie sagte.
 
Bemerkenswert ist auch, was die Korruptionsstaatsanwaltschaft zu den sichergestellten elektronischen Daten festhält: Der Auswertungsprozess habe erst begonnen, heißt es in dem Schreiben von Ende Juni. "Nach derzeitigem Stand sind keine ausländischen klassifizierten Dokumente vorhanden." Eine "gesicherte Auskunft" sei aber aktuell "nicht möglich", "weil nach den derzeitigen Erkenntnissen aus dem Verfahren in mehreren Fällen die internen Vorschriften des BVT betreffend die Speicherung, Verschlüsselung, Aufbewahrung und die Verarbeitung von klassifizierten Dokumenten von den Mitarbeitern nicht eingehalten wurden". Es könnte also sein, dass noch derartige Unterlagen gefunden werden.
 
Pilz fragte die Zeugin, ob ihr bekannt sei, dass bei BVT-Beamten Beweise gefunden worden seien, dass sie geheime Akten von zuhause an Dritte weitergegeben haben. Ihres Wissens nach gebe es dazu ein anhängiges Verfahren, erklärte die Rechtsexpertin.
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