ÖSTERREICH-Interview

Kickl: 'Identitäre in Polizei? Wir schauen da nach'

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Innenminister Kickl (FPÖ) nimmt erstmals ausführlich zum Krach um die Identitären Stellung.

ÖSTERREICH: Der Kanzler fordert eine Distanzierung der FPÖ von den Identitären. Viele in der FPÖ sage das sei nicht nötig. Wie sehen Sie das?

HERBERT KICKL: Ich teile die Ansicht des Bundeskanzlers, dass man sagt: NS-Gedankengut, Antisemitismus oder Hakenkreuz-Klebereien, wie sie jetzt zum Vorschein gekommen sind, haben in Österreich nichts verloren. Wir haben in der FPÖ eine eindeutige Beschlusslage, die eine klare Trennung von den Identitären vorsieht. Ich habe aber auch kein Problem damit, dass man das weiter inhaltlich konkretisiert.

ÖSTERREICH: Und wie könnte das aussehen?

KICKL: Im Unterschied zur SPÖ sitzen bei uns ja keine Krawallgenossen wie die sozialistische Jugend im Vorstand. Wenn wir also ohnehin keine organisatorischen Überschneidungen haben, braucht es auch keine anderen Verflechtungen. Insgesamt haben wir es ja hier mit einer Kampagne zu tun, um die gute Arbeit der FPÖ im Asyl- und Migrationsbereich in ein schlechtes Licht zu rücken. Es ist doch kein Zufall, dass so etwas vor der EU-Wahl stattfindet.

ÖSTERREICH: Sie sind dem Kanzler also nicht böse, dass er das jetzt von Ihnen fordert?

KICKL: Nein, überhaupt nicht.

ÖSTERREICH: Und Sie sehen auch keinen Koalitionskrach?

KICKL: Nein, denn unsere Beschlusslage erfüllt diese Forderung ja längst.

ÖSTERREICH: Der Beschluss der Trennung von FPÖ und Identitären gibt es seit Februar 2018. Gleichzeitig nehmen FPÖ-Politiker an diesen Demos teil.  Wie passt das zusammen?

KICKL: Das war vor dem Terroranschlag in Neuseeland. Jetzt tritt der Chefrepräsentant der Identitären aber bei Ihnen im TV auf.

ÖSTERREICH: Medien sind keine Partei. Wir berichten.

KICKL: Aber die Identitären werden so größer als sie sind. Für die FPÖ gilt: Es gibt keine finanziellen Verflechtungen, keine Verflechtungen in Hinblick auf Funktionäre. Das wird man künftig so interpretieren, dass wir es auch nicht haben wollen, wenn unsere Funktionäre bei Veranstaltungen oder Aktionismus der Identitären mitmachen.

ÖSTERREICH: Und was ist mit dem Grazer Stadtrat Mario Eustacchio? Der will sich ja keineswegs distanzieren.

KICKL: Das lese ich anders. Da gibt es das System Pilz, der öffentlich vorverurteilt, bevor überhaupt der Rechtsstaat am Zug war – dem hat Mario Eustachio eine Abfuhr erteilt. Aber selbstverständlich trägt er den Beschluss des FPÖ-Bundesparteivorstandes mit.  

ÖSTERREICH: Sie haben 2016 eine Rede vor den sogenannten Verteidigern Europas gehalten. Waren Identitäre dabei?

KICKL: Es waren dort ungefähr 500 Leute. Es mag schon sein, dass der eine oder Identitäre darunter war. Sie haben sich mir nicht vorgestellt.

ÖSTERREICH: Was halten Sie von den Identitären?

KICKL: Wir als FPÖ machen seit Jahrzehnten eine Politik, wo wir den Patriotismus im besten Sinn  des Wortes, den Schutz unserer Grenzen und die Erhaltung unserer Werte ins Zentrum rücken. Dazu haben wir keine Identitären gebraucht  und brauchen sie dafür auch jetzt nicht.

ÖSTERREICH: Wie steht es im Auflösungsverfahren gegen die Identitären?

KICKL: Das Verfahren ist eingeleitet, es braucht aber zur Auflösung ein strafrechtliches Substrat. Das Verfahren ist derzeit an die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gekoppelt. Wie lange das dauert, kann ich nicht sagen. 

ÖSTERREICH: Es wird auch im Fall des Christchurch-Attentäters und seiner Verbindung nach Österreich ermittelt. Gibt es da neue Erkenntnisse?

KICKL: Mein Stand ist jener, den ich vor zehn Tagen im Nationalrat bekannt gegeben habe. Ich weise aber die verantwortungslose Vorgangsweise der Opposition zurück: Personen wie Peter Pilz tun so, als wäre Österreich das einzige Land, zu dem dieser Attentäter eine Verbindung hatte. Er war in über 60 Ländern. Ich würde mir einmal vom Bundespräsidenten erwarten, dass er hier seine Stimme erhebt und zur Sachlichkeit mahnt. Denn die Sicherheitslage in Österreich hat sich nicht verändert.

ÖSTERREICH: Gibt es Identitiäre in ihrem Ministerium? Dürfen Identitäre oder Sympathisanten Polizisten werden? Beim  Bundesheer wurde diese Frage mit Nein beantwortet.

KICKL: Derzeit laufen entsprechende Prüfungen vor dem Hintergrund der aktuellen Ermittlungen. Da wird  genau nachgeschaut. Wenn sich herauskristallisiert, dass jemand ein Mitglied der Identitären sein könnte, dann wird man sich jeden dieser Fälle im einzelnen genauer ansehen. Niemand, der aus extremistischen Motiven heraus unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat ablehnt und zur Gewalt aufruft, sie verherrlicht oder anwendet, hat in der Polizei Platz.

ÖSTERREICH: Jetzt soll die Berichtspflicht der Geheimdienst vorgezogen werden – der Kanzler will diese bis zum Sommer. Ist das realistisch?

KICKL: Ich glaube, das ist machbar. Ich freue mich darüber, denn da wird eine große Verantwortung künftig auf mehrere Schultern verteilt. Der Kanzler muss aber jetzt einmal sagen, in welcher Intensität er informiert werden will.

ÖSTERREICH: Es ist davon die Rede, sie würden teilweise entmachtet werden.

KICKL: Das ist der größte Unsinn, den ich je gehört habe. Die Ressortzuständigkeit bleibt ja gleich. Berichtspflichten an die Regierungsspitze gibt es auch in anderen Ländern.

ÖSTERREICH: Ist das BVT international isoliert? Es gibt entsprechende Berichte aus Deutschland.

KICKL: Wir erhalten alle Infos, die wir zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus brauchen. Da geht es nicht um die Frage, in welchen Arbeitsgruppen wir sitzen, sondern um die operative Ebene. Und die funktioniert. Anderslautende Behauptungen der Opposition oder politischer Auslaufmodelle aus dem Ausland sind unverantwortlich. Auch hier sollte der Bundespräsident mehr Sachlichkeit einfordern.

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