Neuer Listenmodus nach Streit

Unmut in SPÖ über "abgetauchte" Rendi-Wagner

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Statt Parteichefin Rendi-Wagner tritt derzeit nur Parteimanager Drozda auf.

Wien. Keine Interviews, keine Teilnahme an Diskussionssendungen, nach Parteiterminen nur kurze Stehsätze: Die neue SPÖ-Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner tritt abgesehen von einer ersten Runde an Interviews kaum öffentlich auf – und das Unverständnis und der Unmut in der Partei darüber wachsen. „Wir hatten nach den Volksbegehren die Top-Expertin für Frauen und Rauchen, und Rendi-Wagner hat die Chance zur Profilierung ausgelassen“, so ein SPÖ-Ländervertreter.

Interviews, runde Tische und inhaltliche Statements kommen indessen von Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda. Das soll parteiintern bereits für einige Diskussionen gesorgt haben.

Doch nicht nur in der Öffentlichkeit, auch parteiintern macht sich Rendi-Wagner rar. Jüngstes Beispiel: der Konflikt mit Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser um die EU-Liste. Am Sonntag gab es dazu ein „klärendes Telefonat“ mit Peter Kaiser. Dieses führte wiederum nicht Rendi-Wagner, sondern Drozda, der die Einigung gemeinsam mit Kaiser auch verkündete: Künftig werde es einen neuen „Modus“ bei der Erstellung von Listen geben. Es habe sich gezeigt, dass „der jetzige Verteilungsschlüssel etwa die jüngsten Erfolge der Kärntner Sozialdemokratie nicht im notwendigen Ausmaß berücksichtigt“.

Peter Kaiser hat sich also in dem Streit mit der Parteispitze durchgesetzt. Wahlerfolge werden künftig stärker berücksichtigt, die Mitgliederstärke der Landesgruppen soll offenbar an Einfluss verlieren. Darunter würde etwa die NÖ-Landesgruppe leiden.

Rendi-Wagner heute bei Präsident Van der Bellen

Rendi-Wagner ist heute zum Antritts-Besuch bei Präsident Van der Bellen, danach soll es auch ein Statement geben. Der frühere SPÖ-Kanzler Franz Vranitzky rät seiner Partei im ÖSTERREICH-Interview, „nicht die Nerven zu verlieren“.

Vranitzky: "Rate dazu, die Hektik abzulegen"

ÖSTERREICH: Beim Abgang Kerns haben Sie Ihr „Entsetzen“ über die Vorgänge in der Partei ausgedrückt. Hat sich Ihr Eindruck in den letzten Wochen verfestigt?

Franz Vranitzky: Die Partei ist in einer angestrengten Phase der Neuformation. Die letzten politischen Entscheidungen sind nicht so ausgefallen, dass man sich beruhigt zurücklehnen kann. In solchen Zeiten sind oft Hektik und Nervosität gegeben. Ich rate dazu, die Hektik schrittweise abzulegen, sich auf den Parteitag vorzubereiten und Nebenthemen beiseitezulassen. Dann werden Unebenheiten, die zweifellos aufgetreten sind, auch bereinigt werden können.

ÖSTERREICH: Die neue Parteivorsitzende Rendi-Wagner nimmt derzeit kaum öffentlich Stellung. Können Sie sich erklären, warum das so ist?

Vranitzky: Ich würde auch hier nicht die Nerven verlieren. Sie wird am Parteitag gewählt, und ich gehe davon aus, dass sie danach die Partei und ihre Person auch in der Öffentlichkeit so darstellen wird, wie es für eine Volkspartei gehört.

ÖSTERREICH: Wie beurteilen Sie die Rolle von Thomas Drozda, der in Ihrem Kabinett gearbeitet hat?

Vranitzky: Er ist ein sehr engagierter Politiker. Er war noch nicht zehn Jahre Bundesgeschäftsführer, daher muss er sich auf bestimmte Dinge einstellen, die für ihn neu sind. Er steuert auch nicht ein Boot in einem ruhigen österreichischen See, sondern in aufgewühltem Gewässer. Da gibt es Widerspruch, aber das kriegt er hin.

(knd)

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