Wahlrecht

Ab 1.10.: Habsburger-Paragraf fällt

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"Taktisches Wählen" per Brief soll bald nicht mehr möglich sein.

Die mit der Wahlrechtsreform 2007 eingeführte Briefwahl wird angesichts der bisherigen Erfahrungen verbessert. Mit dem Wahlrechtsänderungsgesetz 2011 sollen Missbrauch und "taktisches Wählen" nach Wahlschluss abgestellt werden. Neu geregelt wird überdies der Wahlausschluss für Strafgefangene, das Wahlrecht geht nicht mehr bei Freiheitsstrafen ab einem Jahr automatisch verloren. Gestrichen wird das Habsburger-Kandidaturverbot bei Bundespräsidentenwahlen.

Gesetz ab 1. Oktober in Kraft
In Kraft treten sollen die Neuerungen mit 1. Oktober 2011 - also weit vor den nächsten Nationalrats-, EU- oder Bundespräsidentenwahlen. Zunächst muss der SPÖ-ÖVP-BZÖ-Antrag aber noch am Dienstag im Verfassungsausschuss beschlossen und am Donnerstag im Nationalrat abgesegnet werden. Nach einem Hearing Anfang Juni wurde in der vergangenen Woche intensiv an einem Abänderungsantrag gearbeitet, um die Strafgefangenen- und die Briefwahl-Neuregelungen zu präzisieren.

Die für die Wahlberechtigten auffälligste Änderung der Wahlrechtsreform 2011 ist die Verkürzung der Briefwahlfrist: Die Nachfrist von acht Tagen wird gestrichen, künftig muss die Wahlkarte spätestens am Wahltag um 17.00 Uhr bei der zuständigen Bezirkswahlbehörde eingelangt sein. Damit soll eine Stimmabgabe bei schon bekanntem Wahlergebnis "mit hundertprozentiger Sicherheit verhindert" werden.

Auslandswähler müssen sich früh festlegen
Wähler im Ausland müssen sich damit künftig weit vor dem Wahltag entscheiden. Die Vertretungsbehörden dürfen Wahlkarten zur Weiterleitung nach Österreich nach dem sechsten (EWR und Schweiz) bzw. neunten Tag nur mehr mit dem Hinweis entgegen nehmen, dass sie möglicherweise nicht mehr rechtzeitig bei der Wahlbehörde einlangen.

Wahlberechtigte, die ihre (eingeschriebene) Wahlkarte nicht rechtzeitig von der Post abgeholt haben, bekommen eine "zweite Chance". Sie können - sofern sie im Lande sind - ihre Stimme am Wahlsonntag in ihrem Wahllokal abgeben. Dafür werden die Gemeindewahlbehörden verpflichtet, noch nicht zugestellte Wahlkarten bei Schließung der Postämter abzuholen und an die Wahlsprengel zu verteilen.

Endgültiges Wahlergebnis künftig schneller bekannt
Ausgezählt wird die Briefwahl künftig am Montag nach der Wahl, das Gesamtergebnis wird also um eine Woche früher feststehen. Damit nicht "verspätete" Briefwahlstimmen vom Montag einbezogen werden, müssen die Behörden bei Wahlschluss die Zahl der eingelangten Wahlkarten in einer "Sofortmeldung" festhalten.

Der missbräuchlichen Beantragung und Verwendung von Wahlkarten versucht man, mit detaillierten Regelungen zur Identifizierung und Ausgabe entgegenzutreten. Antragsteller müssen künftig mit Ausweis(nummer) oder elektronischer Signatur ihre Identität nachweisen - entweder bei Antragstellung oder bei Ausfolgung der Wahlkarte. Klargestellt wird, dass ein telefonischer Antrag nicht zulässig ist. Personen in Heimen oder Spitälern muss die Wahlkarte persönlich übergeben werden.

Überbringt ein Bote die Wahlkarte, darf er sie nicht gleich wieder ausgefüllt mitnehmen. Damit soll Druck auf den Wahlberechtigten ausgeschlossen werden.

Haft bedeutet nicht mehr Wahlrechtsentzug
Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Fall Frodl geändert werden muss die Regelung über den Wahlausschluss Strafgefangener. Künftig entfällt das Wahlrecht nicht automatisch bei Haftstrafen über einem Jahr, sondern das Gericht muss im Einzelfall entscheiden - und zwar ab einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren bzw. von einem Jahr bei Straftaten im Rahmen krimineller Organisationen (Par. 278 StGB), im Zusammenhang mit Wahlen sowie bei Verstößen gegen das Verbotsgesetz.

Ersatzlos gestrichen wird ein weiterer Wahlausschließungsgrund - und zwar das Kandidaturverbot für "Mitglieder regierender Häuser oder solcher Familien, die ehemals regiert haben" bei Bundespräsidentenwahlen. Damit trägt man auch dem OSZE-Bericht Rechnung, in dem nach der Beobachtung der Bundespräsidentenwahl 2010 der "Habsburger-Paragraf" als anachronistisch kritisiert worden war.

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