Nach Nowak-Rücktritt

Chat-Affäre: Auch ORF-Chefredakteur Schrom zieht sich zurück

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Nachdem bekannt wurde, dass Rainer Nowak seine Leitungsfunktionen bei der "Presse" vorerst ruhend stellt, gab es auch einen Paukenschlag beim ORF: ORF2-Chefredakteur Matthias Schrom zieht sich zurück.

Wien. ORF-TV-News-Chefredakteur Matthias Schrom tritt nach einer bekanntgewordenen Chat-Affäre "ab sofort seinen Urlaub an". Das teilte der ORF am Montag per Aussendung mit. Seine bisherige Stellvertreterin Eva Karabeg übernimmt interimistisch. ORF-Generaldirektor Roland Weißmann bezeichnete die Optik der Chats als "verheerend" und ersuchte den Ethikrat um Prüfung.

Dennoch stehe die Glaubwürdigkeit der ORF-Nachrichten weiterhin außer Zweifel, meinte Weißmann. Denn: "Die ORF-Redakteurinnen und -Redakteure arbeiten weisungsfrei und einzig auf Basis von ORF-Gesetz und Redaktionsstatut. Ihre Berichterstattung war, ist und bleibt unbeeinflussbar, das liegt auch daran, dass die bisherige Amtsführung von Matthias Schrom fachlich unumstritten war."

In Erklärungsnotstand brachten Schrom Chats aus dem Frühjahr 2019, die aus einem Bericht der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hervorgehen. Dabei tauschte sich der damalige ORF 2-Chefredakteur mit Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zur inhaltlichen Ausrichtung der ORF-Berichterstattung und Personalwünsche der FPÖ aus.

Strache missfiel ein "ZiB 24"-Bericht. Schrom reagierte darauf mit Zustimmung: "Das ist natürlich unmöglich." Zur inhaltlichen Ausrichtung der ORF-Sender schrieb er: "Es ist schon bei uns genug zu tun und jeden Tag mühsam, aber langsam wird's, und die, die glauben, die SPÖ retten zu müssen, werden weniger."

Rundmail an TV-Redakteure und Führungskräfte

In einem Rundmail an TV-Redakteure und Führungskräfte des ORF räumte der seit 2020 als TV-News-Chefredakteur fungierende Schrom bereits ein, dass der im WKStA-Akt enthaltene Chat-Verlauf "zugegebenermaßen keine glückliche Außenwirkung" habe. Die Unterhaltung habe jedoch vor dem Hintergrund massiver Angriffe durch die FPÖ auf den ORF stattgefunden. "Die Aufrechterhaltung einer Gesprächsbasis zu einer Regierungspartei, die dem ORF nicht nur kritisch, sondern ablehnend gegenüberstand, war wichtig - vor allem, da Personalwünschen nie Rechnung getragen wurde", so Schrom.

Der ORF-Redaktionsrat sah das öffentlich-rechtliche Medienhaus durch die Chat-Auszüge vor wenigen Tagen "in eine mehr als unangenehme Situation" gebracht und forderte eine "ordentliche Aufarbeitung". Angemerkt wurde auch, dass es über die Amtsführung Schroms keine inhaltlichen Beschwerden gebe. "Das Investigativteam fühlt sich frei in der Arbeit und wird weder bei politisch heiklen Beiträgen, noch bei Recherchen behindert, die der Regierung nicht passen", so der Vorsitzender des ORF-Redakteursrats Dieter Bornemann.

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