Menschenrechte

Amnesty übt scharfe Kritik an Österreich

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Menschenrechtsorganisation  kritisiert vor allem Drasenhofen und Mindestsicherung.

Die Menschenrechtssituation in Österreich war 2018 laut Einschätzung von Amnesty International "turbulent": Aktuelle Verstöße wie das Asylheim in Drasenhofen und die geplante neue Mindestsicherung "gefährden die Rechte von Kindern und Jugendlichen". Die Politik wird von Amnesty aufgefordert, "Menschen nicht gegeneinander auszuspielen".
 
"Wenn Jugendliche ohne Rechtsgrundlage hinter Stacheldraht gesperrt werden, ist das ganz klar eine Menschenrechtsverletzung. Dass das im Jahr 2018 in Österreich ohne Konsequenzen für die Verantwortlichen bleibt, ist skandalös", sagt Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnesty International Österreich, zu Drasenhofen in seinem Bericht über die Menschenrechtssituation in Österreich zum Tag der Menschenrechte am Montag.
 

Mindestsicherung

Gleichzeitig würden Kinder und Jugendliche in schwierigen Situationen durch die geplante neue Mindestsicherung, die mit der Zahl der Kinder eine geringer werdende Leistung vorsieht, verstärkt in die Armut getrieben: "Das geplante Gesetz zur Mindestsicherung wird zur Verarmung von vielen Menschen in Österreich, die es ohnehin schon schwer haben, führen. Dass davon insbesondere Kinder sehr stark betroffen sein werden, ist ungeheuerlich", so Patzelt.
 
Die gute Nachricht: Im Fall Drasenhofen habe der öffentliche Druck dafür gesorgt, dass das Quartier geschlossen wurde. "Das zeigt: Der Einsatz für Menschenrechte ist wichtiger denn je - auch in Österreich", erklärt Patzelt. Jetzt gelte es sicherzustellen, dass die Jugendlichen mit der Fürsorge, zu der sich Österreich international verpflichtet hat, behandelt werden.
 
Besonders bei den Themen Meinungsfreiheit, Privatsphäre sowie Diskriminierung fordert Amnesty von den politisch Verantwortlichen, strikt menschenrechtskonform zu handeln und die Menschen nicht gegeneinander auszuspielen: "Um die Menschenrechte in Österreich sicherzustellen, braucht es eine Politik, die Gespräche mit allen Teilen der Bevölkerung sowie Expertinnen und Vertreterinnen der Zivilgesellschaft führt, zuhört und gemeinsam Lösungen findet, die den sozialen Frieden in Österreich sichern", betont Patzelt und meint weiter: "Anstatt andere Meinungen zu diskreditieren oder gar zu unterdrücken, muss sich die Regierung diesen Gesprächen stellen. Auch wenn das manchmal nicht angenehm ist, wie der Besuch des Bundeskanzlers in Vorarlberg gezeigt hat." Dort hatte sich Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) der Diskussion mit kritischen Bürgern gestellt.
 

Positive Aspekte

Amnesty verweist aber auch auf positive Aspekte: Durch Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs seien wichtige Fortschritte zum Schutz der Menschenrechte erzielt worden. So habe der österreichische VfGH entschieden, dass jeder Mensch das Recht auf "individuelle Geschlechtsidentität" habe. Das bedeute, Menschen, deren biologisches Geschlecht nicht als "männlich" oder "weiblich" zu identifizieren ist, müssen das Recht haben, im Geburtenregister und in amtlichen Dokumenten eine Eintragung vornehmen zu lassen, die ihrer Geschlechtsidentität entspricht. Und der Europäische Gerichtshof habe die gekürzte Mindestsicherung für befristet aufhältige Asylberechtigte in Oberösterreich gekippt und damit die Menschenwürde vieler Betroffener sichergestellt.
 
Positiv vermerkt Amnesty weiters die rege Teilnahme an den Volksbegehren zu den Themen Nichtraucher-Schutz und Frauen. 2018 habe auch gezeigt, dass die Menschen in Österreich das Land politisch mitgestalten wollen und sich für ihre Anliegen einsetzen: "Nicht nur das große Interesse an den Volksbegehren ist ein Zeichen dafür. Auch bei Amnesty sehen wir, dass das Interesse steigt, für die Menschenrechte in Österreich zu kämpfen. Sei es, sich ehrenamtlich zu engagieren oder Petitionen zu unterschreiben. Amnesty in Österreich hat 2018 den größten Zulauf an Unterstützerinnen seit ihrem Bestehen verzeichnet", erklärte Patzelt.
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