Gesundheitsminister im Interview

Anschober: ''Trage weiter Maske im Supermarkt''

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Der grüne Gesundheitsminister warnt vor "Übermut": "Virus mitten unter uns."

ÖSTERREICH: Der Baby­elefant ist vielfach Geschichte und einige Menschen scheinen zu glauben, die Pandemie sei vorbei …

Rudolf Anschober: International ist die Situation – mit rund zehn Millionen Infizierten und 500.000 Toten – etwa in Brasilien, UK, USA Mexiko oder Peru besorgniserregend. Derzeit wächst die Infektionsrate mit 150.000 Neuerkrankten pro Tag so stark wie noch nie.

ÖSTERREICH: Und in Österreich?

Anschober: In Österreich ist die Situation nach wie vor sehr solide. Wir sind strategisch gut vorbereitet, testen und überprüfen und haben trotz Öffnungen bislang keine nennenswerten Erhöhungen.

ÖSTERREICH: Aber liegt das nicht auch daran, dass es bislang eine Maskenpflicht in Geschäften gab, die ja nachweislich bei der Eindämmung der Pandemie half? Warum schaffen Sie das ab?

Anschober: In öffentlichen Verkehrsmitteln, bei Dienstleistungen, wo nicht ausreichend Abstand eingehalten werden kann, in Apotheken, bei Ärzten, in der Pflege und anderen Bereichen gibt es nach wie vor den Mund­nasenschutz verpflichtend. Und in den übrigen Bereichen gibt es kein Verbot von Masken, sondern Eigenverantwortung.

ÖSTERREICH: Immer weniger tragen Masken etwa in Supermärkten. Das irritiert gerade Risikogruppen, oder?

Anschober: Ich trage im Supermarkt weiter eine Maske. Ich fühle mich so auch sicherer. Und ich würde Menschen ermuntern, die verunsichert sind, weiter eine Maske zu tragen. Wir betonen ja die Eigenverantwortung.

ÖSTERREICH: Die Masken schützen ja auch andere. Geht es da nicht eher um Verantwortung an sich?

Anschober: Es geht um Eigenverantwortung für die Gesellschaft. Ich kenne keine Gesellschaft, wo es in der schwierigen Zeit, als wir ein exponentielles Wachstum hatten, generell so gut funktioniert hatte wie bei uns. Jetzt darf man aber nicht nachlässig werden. Das Coronavirus ist noch mitten unter uns. Auch in Österreich. Die kleineren Cluster, die wir jetzt erleben, zeigen, wie schnell sich das Virus wieder verbreiten könnte.

ÖSTERREICH: In vielen Lokalen sieht man bereits Kellner ohne Maske. Ist das nicht ein Problem, dass kaum einer die Verordnungen noch ernst nimmt?

Anschober: Ich schätze, dass rund 20 Prozent jetzt einen deutlich lockereren Umgang mit der Gefahr haben. Das ist aber eine Falle. Es ist wie ein Feuer, das man gelöscht zu haben glaubt und das wieder ausbrechen kann. Wer übermütig wird, riskiert eine zweite Welle, die wir unbedingt vermeiden wollen und auch können. Ich habe Verständnis für Kellner und auch Verkäufer, die es als anstrengend empfinden, neben der harten Arbeit einen Mundnasenschutz zu tragen. Aber es kann sein, dass wir das auch wieder einführen müssen. Wir müssen uns jetzt hoch professionell auf den Herbst vorbereiten. Der schwierig werden könnte.

ÖSTERREICH: Wie wollen Sie eine zweite Welle im Herbst (oder früher) verhindern?

Anschober: Da geht es um drei Punkte: Wir haben Übereinkunft in der Regierung, dass wir im Fall von stark anwachsenden Infektionen umgehend reagieren. Da geht es um Stunden.

ÖSTERREICH: Was heißt das?

Anschober: Das hängt von der Situation ab – geht es um eine Region, ein Bundesland oder das ganze Land. Wir wollen mit aller Macht einen Lockdown verhindern. Mundnasenschutz und Abstand wären die erste Wahl. Zweitens brauchen wir ein Containment 2.0, wo wir die Infektionen sofort abgrenzen. Und drittens brauchen wir die Mitarbeit der Bevölkerung. Mit Verantwortung verhindern wir eine zweite Welle.

Interview: Isabelle Daniel

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