350.000 Euro Geldbuße

Bildungsministerium neuerlich wegen Corona-Schultests verurteilt

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350.000 Euro Geldbuße wegen rechtswidriger Vergabe an BIEGE Novogenia.

Wien. Das Bildungsministerium ist wegen der Vergabe der Corona-Schultests im August und September 2021 zum zweiten Mal verurteilt worden. Ein wesentlich überteuerter Direktabruf bei dem - mit den Tests für sechs Bundesländer betrauten - Anbieter BIEGE Novogenia war ein "schwerer Verstoß" gegen die Vergaberichtlinien und "eine große Schädigung", stellte das Bundesverwaltungsgericht fest. Das Ministerium muss 350.000 Euro Geldbuße und die Verfahrenskosten zahlen.

Angerufen hatte das Gericht der im Vergabeverfahren unterlegene Konkurrent Lifebrain. Die von den "Alles gurgelt"-Tests in Wien bekannte Labor-Firma war damit zum zweiten Mal mit einem gerichtlichen Vorgehen gegen die Vergabe der Schultests durch das damals noch von Heinz Faßmann (ÖVP) geführte Bildungsministerium im Spätsommer 2021 erfolgreich. Schon im Jänner hat das Bundesverwaltungsgericht festgestellt, dass die Vergabe von Gurgeltests in Schulen in Wien, Niederösterreich und Oberösterreich an die "Covid Fighters"-Firma Artichoke rechtswidrig war und eine Geldbuße von 500.000 Euro verhängt.

Höhere Kosten bezahlt worden

Nun ging es darum, dass das Ministerium die Firma Novogenia am 17. August im Wege eines "Direktabrufs" mit Tests an 2.743 Schulen der Bundesländer Burgenland, Kärnten, Salzburg, Steiermark, Tirol und Vorarlberg betraute - und dies mit wesentlich höheren Kosten - nämlich um 332.287,30 Euro mehr - als in der am 7. August geschlossenen Basisrahmenvereinbarung. Für die Logistik seien um das drei- bis vierfache (je nach Region) höhere Kosten bezahlt worden als vereinbart und zudem sei eine erhebliche Zahl von "Transportbeuteln" verrechnet und bezahlt worden, die im Leistungsverzeichnis nicht vorkamen.

Ein solcher Direktabruf wäre nur zulässig, wenn die Vertragsbedingungen nicht geändert werden. "Diese Vorgangsweise der Auftraggeberin war ... ausschreibungs- und gesetzwidrig und daher rechtswidrig", stellte das Bundesverwaltungsgericht fest.

Gesamtkosten nicht höher

Im Bildungsministerium bzw. der Bundesbeschaffung GmbH (BBG) hielt man in einer Aussendung fest, dass das Vergabeverfahren zur Rahmenvereinbarung für die Schultests korrekt abgelaufen und vom Gericht auch nicht beanstandet worden sei - bemängelt worden wäre nur ein Teilbereich der Abhollogistik bei den Tests. Die Gesamtkosten seien dadurch aber nicht höher gewesen und Novogenia trotzdem Bestbieter geblieben.

Aufgrund eines Anbieterwechsels führt Novogenia seit den Weihnachtsferien die PCR-Schultests nicht mehr durch. Für diese zeichnet nunmehr die ARGE für molekulare Diagnostik verantwortlich, die unmittelbar nach Übernahme aufgrund von Datenbankproblemen die vereinbarte Testleistung nicht erbringen konnte. Mittlerweile werden aber die zugesicherten zwei PCR-Tests pro Woche durchgeführt.

Vergabeverfahren für die Schul-PCR-Tests mehr als fragwürdig

Lifebrain begrüßte am Donnerstag in einer Aussendung das Urteil: "Einmal mehr bestätigt sich damit unsere Einschätzung, dass die Vergabeverfahren für die Schul-PCR-Tests mehr als fragwürdig und bei weitem nicht korrekt abgelaufen sind", betonte Geschäftsführer Michael Havel. Es seien Preise bezahlt worden, die weit über den Kosten des "Wiener Herzeigesystems 'Alles gurgelt!' liegen - und dennoch habe sich gezeigt, dass die vom Ministerium betrauten Testsysteme in vielen Bundesländern auch von der Logistik und der Analysequalität her nicht funktionieren würden.

Anlass für Kritik

Für die SPÖ war auch dieses zweite Urteil Anlass für Kritik Richtung Freunderlwirtschaft in der ÖVP. Wie schon im Fall der "Covid-Fighters" weise auch diese Bietergemeinschaft "eine gewisse ÖVP-Nähe auf", Verbindungen eines Geschäftsführers würden bis zur niederösterreichischen Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner reichen, erklärte SPÖ-Abgeordneter Rudolf Silvan in einer Aussendung. Die Feststellung des Bundesverwaltungsgerichts beweise, "dass die ÖVP keinen Respekt vor dem Gelder österreichischen Steuerzahler*innen hat" und die Republik als "Selbstbedienungsladen" ansehe.

Silvan forderte die zuständigen ÖVP-Minister Martin Polaschek (Bildung) und Magnus Brunner (Finanzen) auf, Sorge zu tragen, dass sich künftige Vergaben streng am Bundesvergabegesetz orientieren. FPÖ-Bildungssprecher Hermann Brückl richtete an Polaschek hingegen die Forderung, "die Verantwortlichen für diesen neuerlichen Gesetzesverstoß zu nennen" und die Strafe von diesen Personen einzufordern. Diese "mehr als bedenklichen" Vergaben müssten aufgeklärt werden. "Es kann nämlich nicht sein, dass in periodischen Abständen das ÖVP-geführte Bildungsministerium zu Geldbußen verurteilt wird und die Strafe dann die Steuerzahler begleichen müssen", konstatierte Brückl in einer Aussendung.

Von der Strafzahlung von 350.000 Euro profitiert übrigens die heimische Forschung: Laut Bundesvergabegesetz kommen Geldbußen dem Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) zugute - der zufällig ebenfalls maßgeblich vom Bildungsministerium finanziert wird.

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