Auch Graf im Spiel

Blauer Poker um die Hofburg

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Beim heutigen Parteivorstand stellt die FPÖ die Weichen für die Präsidentschaftskandidatur – drei Namen kamen dafür ins Spiel.

Es war der große Auftritt eines bis dahin weithin Unbekannten: Gottfried Waldhäusl, Klubchef der FPÖ im niederösterreichischen Landtag, erklärte: „Der FP-Bundesparteivorstand am Montag hat auch einen Punkt zur Bundespräsidentenwahl und unserer Kandidatur auf der Tagesordnung.“ Und dann verkündete er offiziell, was auf Plakaten rund um Wien ohnehin schon sichtbar ist: „Die FPÖ-Niederösterreich nominiert Barbara Rosenkranz als FP-Kandidatin.“

Wilde Hofburg-Kampagne gegen EU und Koalition
Rosenkranz hätte vor allem bei den Länderchefs, von Manfred Haimbuchner (OÖ), Johann Tschürtz (Bgld.), Gerhard Kurzmann (Stmk.), und den ganz Rechten, etwa in Kärntner nationalen Kreisen, sehr viele Unterstützer: „Wir können uns sie als 10-fache Mutter sehr gut dafür vorstellen“, erklärten sie. Und auch sonst ist Rosenkranz eine ideologische Ikone der Rechten: Immerhin war sie die einzige Abgeordnete des Nationalrats, die gegen den EU-Vertrag gestimmt hat.

Straches ÖSTERREICH-Interview am Sonntag mit der Ankündigung eines wilden Wahlkampfs gegen EU und Koalition gilt FP-intern als Indiz, dass auch er eine Entscheidung für Rosenkranz gefällt haben könnte: Mit ihr könnte er eine Brachialkampagne fahren, die vor allem die FP-Kernwähler mobilisiert.

FP-Kreise: Millionen für Wien-Wahlkampf nützen
Ganz ohne Diskussionen dürfte die Nominierung von Rosenkranz freilich nicht ablaufen: „Wir wollen für die Konkurrenz bis zuletzt nicht ausrechenbar sein“, sagt Strache. Und: „Klar ist nur, dass wir schon aus Gründen der demokratiepolitischen Hygiene antreten werden.“

Womit er vor allem seine eigene Kandidatur offen lässt, die die Wiener Blauen forcieren: 2,5 Millionen Euro offiziell, inoffiziell laut Kennern mindestens fünf Millionen, dafür „hinauszuwerfen, dass man eine Minderheitenfeststellung mit Rosenkranz durchzieht, ist Blödsinn“, hört man aus Wien.

Abwahl von Martin Graf
Dort sähe man lieber einen Zwischenwahlkampf mit Strache, um Stimmung für den Wiener Wahlkampf im Herbst zu machen. Er selbst bremste zuletzt, weil das Risiko enorm wäre: Käme er allein gegen Fischer mit einem Anti-Regierungswahlkampf – der ja eine Themenverfehlung wäre – klar unter 30 Prozent, wäre das eine Blamage. Kein Wunder, dass Strache bis zuletzt darüber nachdachte, die heutige Entscheidung um eine Woche zu verschieben. Er hat ja auch noch einen (r)echten Recken im Talon – Martin Graf.

Heute treten VP-Klubchef Karlheinz Kopf und der schwarze Nationalratspräsident Fritz Neugebauer vor die Presse: Sie wollen unter dem kryptischen Titel „Verantwortung von Staatsorganen“ Wege aufzeigen, wie die verfassungsmäßig bisher für unmöglich gehaltene Abwahl eines Nationalratspräsidenten doch durchgehen könnte. Ziel der Aktion: Die Abwahl des dritten – freiheitlichen – Nationalratspräsidenten Martin Graf, der etwa in ÖSTERREICH über „biologische Unterschiede“ der schwarzen und der weißen Rasse fabuliert hatte.

Optimaler Märtyrer
Und der zuletzt eine Nationalratssitzung schwänzte, um am Ball der schlagenden Burschenschafter – er ist bis heute Mitglied der extrem rechten Verbindung Olympia – teilzunehmen. Bisher blockierte die ÖVP eine Verfassungsänderung, die die von SPÖ und Grünen geforderte Abwahl Grafs ermöglichen sollte.

Sollte die FPÖ wittern, dass Graf nun aus seiner Funktion im Parlament entfernt werden könnte, könnte heute die Debatte im Parteivorstand eine ganz andere Richtung nehmen: Denn dann wäre Martin Graf aus Sicht der Blauen der optimale Märtyrer – mit dem man in einen Bundespräsidentenwahlkampf der ganz besonderen Art hineingehen könnte.

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