Gegenwind für SP-Chefin

'Bobo'-Streit um rote Rendi

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Kritik vom mächtigsten SP-Mann bis zum kleinen Funktionär. Rendi-Wagner zeigt Verständnis.

Lippenbekenntnisse hin, Loyalitätsbekundungen her – in der SPÖ rumort es weiter gewaltig: Dass Pamela Rendi-Wagner neue SPÖ-Vorsitzende wird, wird zwar mitgetragen, ihre Personalentscheidungen vertiefen dafür die Gräben in der SPÖ:

  • Wiens Bürgermeister Michael Ludwig – Wien ist die gewichtigste Landesgruppe der Roten – empfiehlt der designierten SPÖ-Chefin weiter eine Ämtertrennung: Dass sie ohne Absprache Klubchef Andreas Schieder ablösen ließ, wird hier nicht goutiert.

Schieder Ludwig
© APA/HELMUT FOHRINGER
  • Zudem sehen die sogenannten Pragmatiker der SPÖ – Wien, Burgenland, Teile der Gewerkschaft – Rendi als Vertreterin des „Kurses von Christian Kern“ an.
  • Daher hätten sie sich als SPÖ-Bundesgeschäftsführer einen „bodenständigen Vollblutpolitiker“ gewünscht. Die Ablöse von Max Lercher und dass dieser just durch Thomas Drozda ersetzt wurde, bleibt Stein des Anstoßes: Der steirische SP-Chef Michael Schickhofer äußerte bereits seinen Unmut. Die Landtagsabgeordnete Michaela Grubesa ätzte: „Mit Verlaub, Thomas: Du bist ein Bobo.“ Peter Stradner, Bürgermeister von Wagna, wetterte: „Die Bundesorganisation wirkt wie ein unkoordinierter Haufen von Amateuren.“ Und empfahl: „Zieht endlich eure Lackschuhe aus.“

Michael Schickhofer
© TZOe Artner
× Michael Schickhofer

Rendi-Wagner sucht den ­Dialog mit den Skeptikern

Rendi-Wagner selbst kündigte am Freitag an, den Dialog mit skeptischen Parteifreunden zu suchen. Sie werde „auch sehr rasch in die Steiermark fahren und mit Wien das Gespräch suchen“, sagte sie im ORF. Für die Kritik an Lerchers Ablösung zeigte sie Verständnis. „Es ist verständlich, wenn sich die Steiermark hinter den Steirer Max Lercher stellt.“

Max Lercher
© APA/HERBERT PFARRHOFER

 

Ludwig: "Ich werde mir schon Gehör verschaffen"

ÖSTERREICH: Verstehen Sie die SPÖ-interne Kritik am „Bobo“ Thomas Drozda?

Michael Ludwig: Zum einen hat die Parteivorsitzende natürlich die Möglichkeit, sich ein Team ihres Vertrauens zusammenzustellen. Es gibt auch durch die besondere Situation nach dem überraschenden Rücktritt von Christian Kern viel Verständnis von meiner Seite. Aber ich habe in den Gremien und auch öffentlich gesagt, dass man zuerst die inhaltlichen und strategischen Positionen klären hätte sollen, sich ein paar Tage Zeit geben hätte sollen und dann ein Gesamtpaket präsentiert. So hatten wir es auch vereinbart. Aber man hat sich anders entschieden und hat jetzt natürlich ­hohen Diskussionsbedarf.

ÖSTERREICH: Hat Rendi-Wagner gleich zum Start schwere Fehler gemacht?

Ludwig: Nein. Aber der Umstand, dass jeden Tag häppchenweise etwas Neues aus den Medien zu hören war – vom EU-Spitzenkandidaten über die Vorsitzende bis zum Geschäftsführer –, war nicht besonders förderlich.

ÖSTERREICH: Falls Ihnen das Duo Rendi und Drozda überhaupt zuhört …

Ludwig: Keine Angst, ich werde mir schon Gehör verschaffen. Beide werden sich unserer Liebe nicht entziehen können.

Michael Ludwig Galley
© Wolfgang Wolak

Kern joggte im Central Park

Während in der roten Welt gerade das große Hauen und Stechen angesagt ist, scheint der formale Noch-Parteichef bereits mit den Niederungen der heimischen Politik abgeschlossen zu haben. Donnerstagfrüh konnte man einen gut gelaunt wirkenden Christian Kern jedenfalls im Central Park joggend beobachten.

Der Ex-SP-Kanzler flog nach seinem angekündigten Rückzug zunächst zu Arbeitsgesprächen nach Kanada. Danach ging es offensichtlich weiter in die USA.

In Manhattan kann er nun die Bobo-Debatte der SP hinter sich lassen und mit bei der UNO anwesenden sozialdemokratischen Regierungschefs reden.

Diplomaten schätzten in New York Kerns Chancen Spitzenkandidat der EU-Sozialdemokraten bei der EU-Wahl zu werden übrigens als eher gering ein. Sie tippen auf Frans Timmermans.

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