Nach Appellen der Industrie für Abschluss - Regierung verweist auch auf ablehende Haltung Frankreichs und Deutschlands.
Wien/Brüssel/Montevideo. Die Rufe der Industrie für eine Umsetzung des EU-Mercosurpakts dürften von der Bundesregierung aus ÖVP und Grünen überhört werden. Nach Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) hat auch die türkise Agrarministerin Elisabeth Köstinger dem Vertragsabschluss eine Absage erteilt. "Mit uns wird es kein Mercosur-Abkommen geben", teilte die Politikerin am Samstag der APA mit.
"Ein Splitting und ein Beschluss durch die Hintertür gegen den Willen anderer Mitgliedsstaaten kommt nicht in Frage", so Köstinger. Sie bezieht sich auch auf die zuletzt ablehnende Haltung der beiden mächtigsten EU-Staaten Deutschland und Frankreich. Sowohl Angela Merkel als auch Emanuel Macron hatten sich zuletzt kritisch gezeigt.
"Nicht erst die Coronakrise hat gezeigt, dass wir keine Lebensmittelimporte in großem Stil aus Übersee brauchen", hält Köstinger der Industrie-Haltung entgegen, wonach es gesamtvolkswirtschaftlich von Nutzen sei, das Abkommen abzuschließen. "Es braucht faire Preise für die Produkte unserer Landwirte, keine Billigimporte aus Übersee für die noch dazu Naturlandschaften unwiederbringlich zerstört werden."
"Aus Industriesicht sind die Sorgen in Umweltfragen, den Amazonas und in der Agrarthematik natürlich ernst zu nehmen", sagt Michael Löwy, Bereichsleiter für internationale Beziehungen bei der Industriellenvereinigung (IV). Aber: "Man muss aber auch die riesigen Exportchancen sehen", lautet sein Appell in Richtung der Bundesregierung im Gespräch mit der APA. "Wenn der Agrarsektor Bedenken anmeldet, sind die ernst zu nehmen - aber genau dafür gibt es auch Ausgleichszahlungen. Einzelinteressen dürfen nicht strategische Gesamtinteressen überwiegen", so Löwy in Richtung Bauernvertreter. "Denn der größte Wirtschaftssektor in Österreich ist die Industrie." Profitieren könnten vor allem Chemie-, Pharma-und Kfz-Industrie.
Die EU und die südamerikanischen Mercosur-Staaten hatten vor gut einem Jahr eine Grundsatzeinigung für einen Handelsvertrag erzielt. Zuvor war 20 Jahre lang verhandelt worden.